Charakterschauspieler Jean-Louis Trintignant gilt als schüchtern und diskret, doch er scheut vor keiner Rolle zurück. In seiner mehr als 40-jährigen Karriere hat er so ziemlich alles gespielt: den eiskalten Mörder, eifersüchtigen Ehemann, verklemmten Spießbürger und verkappten Homosexuellen.
Doch der Schauspieler, der seinen internationalen Durchbruch in 'Und ewig lockt das Weib' an der Seite von Brigitte Bardot schaffte, ist nicht nur schüchtern, sondern auch neugierig.
Deshalb hat es Trintignant, der am 11. Dezember 80 Jahre alt wird, überhaupt vor die Kamera gezogen. "Ich bin neugierig auf andere. Deshalb bin ich Schauspieler geworden", erklärte der Sohn eines wohlhabenden Industriellen.
Trintignant kann auf mehr als 100 Filme zurückblicken. In den meisten verkörperte er Menschen, die nicht sind, was sie auf den ersten Blick zu sein scheinen. Es sind geheimnisvolle, nur schwer zu ergründende Menschen - wie er selbst.
Trintignant prägte vor allem das Kino der 50er, 60er und 70er Jahre. Er gehört zu den Großen des französischen Kinos, ist jedoch kein Star. Dafür scheut er zu sehr das Rampenlicht. Um dem Medienrummel um seine Liaison mit dem Sexsymbol Brigitte Bardot zu entfliehen, flüchtete er Anfang der 60er Jahre sogar freiwillig in die Armee und kehrte erst 1966 wieder zurück.
"Meine Vorstellung von einem Schauspieler ist die, dass man dabei ein anderer werden muss" Jean-Louis Trintignant
Er gibt kaum Interviews und meidet öffentliche Auftritte. Als seine Tochter Marie Trintignant 2003 an den Folgen eines Streits mit ihrem Freund, dem Rockstar Bertrand Cantat, starb, hielt er sich der Presse gegenüber völlig zurück und sagte nur: "Diese Prüfung muss uns stärker machen".
Mit wenigen Gesten, beherrschter Miene und scheinbar ausdruckslosen Augen profilierte sich der ehemalige Jurastudent als vielschichtiger Charakterdarsteller mit einem Hang zur schauspielerischen Perfektion.
Seine Neugierde auf fremde Lebensentwürfe ließ ihn in die Rolle des bescheidenen jungen Mannes schlüpfen, den er überzeugend in Claude Chabrols 'Zwei Freundinnen' spielte, oder in die Rolle des unglücklichen Liebhabers der Spionin Mata Hari.
Zu seinen bekanntesten Filmen gehören 'Und ewig lockt das Weib' von Roger Vadim, 'Ein Mann und eine Frau' von Claude Lelouch, 'Der große Irrtum' von Bernardo Bertolucci und 'Die Stadt der verlorenen Kinder' von Jean-Pierre Jeunet und Marc Caro.
Trintignant hat sich in den 90er Jahren rargemacht vor der Kamera. 1998 spielte er in 'Wer mich liebt, nimmt den Zug', demnächst soll er in einem Film von Michael Haneke zu sehen sein, der vom Alter handelt.
Sabine Glaubitz, dpa