Sie suche immer nach dem Gegenteil dessen, was erwartet werde, sagte sie in einem ihrer wenigen Interviews. Damit hat sie nicht nur vor der Kamera überrascht und provoziert. Zuletzt sorgte die Schauspielerin mit ihrer Warnung vor der Metoo-Debatte für Aufsehen.
Wer ist Catherine Deneuve? Diese Frage stellten französische Medien nach ihrem umstrittenen Gastbeitrag in der Tageszeitung "Le Monde" Anfang Januar, in dem der Filmstar und weitere Frauen in der Metoo-Debatte vor dem Klima einer totalitären Gesellschaft warnten. Darin hieß ist, Vergewaltigung sei ein Verbrechen. Flirten aber sei kein Delikt und Galanterie auch keine chauvinistische Aggression.
Deneuve sei egal, was andere von ihr denken, sagen Weggefährten, etwa der Regisseur Jaco Van Dormael. Sie habe vor nichts Angst, meinte der belgische Filmemacher in einem Porträt des Fernsehsenders France 2 über Deneuve, das vor wenigen Wochen ausgestrahlt wurde. Mit Dormael drehte sie "Das brandneue Testament". In der Komödie aus dem Jahr 2015 ist Deneuve mit einem Gorilla im Bett zu sehen.
Die gebürtige Pariserin hat in mehr als 100 Filmen mitgewirkt. Dabei hat sie es geschafft, sich auf kein Genre festzulegen. In dem Psychothriller "Ekel" von Roman Polanski spielte sie eine Schizophrene, für Luis Buñuel eine Hobbyprostituierte in "Belle de Jour" und in "Begierde" eine lesbische Vampirin.
Die instinktive Sehnsucht nach etwas anderem habe sie zu unkonventionellen Drehbüchern geführt, sagte die preisgekrönte Schauspielerin der Wochenzeitung "Die Zeit". Im Herbst vergangenen Jahres kam "Tout nous sépare" von Thierry Klifa ins Kino. Darin spielt Deneuve an der Seite des französischen Star-Rappers Nekfeu.
Zu ihren größten Erfolgen zählt ihre Rolle als Heiratsschwindlerin in "Das Geheimnis der falschen Braut" an der Seite von Jean-Paul Belmondo. "Die letzte Metro" über eine Theaterleiterin, die während der deutschen Besetzung von Paris ihren jüdischen Mann versteckt, war ihr folgender erfolgreicher Truffaut-Film.
Ihr ganzes Leben lang habe sie versucht, so weit wie möglich zu gehen, erklärte Deneuve vor Jahren. Jedoch nicht, um zu provozieren, sondern aus Neugierde. Ihren eigenen Weg ging Deneuve sehr früh. Mit 20 Jahren wurde sie alleinerziehende Mutter. Der Vater ihres Sohnes Christian: der Frauenheld Roger Vadim und frühere Ehemann von Brigitte Bardot. Als die 17-jährige Deneuve den um 15 Jahre älteren Regisseur kennenlernte, kam es zum Bruch mit ihren Eltern. Über Vadim sagte sie einst, dass sie durch ihn zu ihrem Frausein und zu ihrer Persönlichkeit gefunden habe. Für ihn ließ sie sich ihre brünetten Haare blond färben, so wie die Bardot.
Mit ihrer Weigerung, sich Regeln und Erwartungen zu beugen, sorgte sie schon immer für Aufsehen. Sie schockierte, als sie von dem verheirateten italienischen Filmschauspieler Marcello Mastroianni schwanger wurde und 1972 ihre Tochter Chiara auf die Welt brachte. Ein Jahr zuvor setzte sie sich für die Legalisierung der Abtreibung in Frankreich ein und unterzeichnete das "Manifest der 343".
2005 kam sie im Zusammenhang mit einer Geldwäsche-Affäre in die Schlagzeilen. Ein algerischer Geschäftsmann wurde zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Für PR-Aktivitäten hatte Deneuve von ihm rund 45.000 Euro erhalten - ohne sie zu versteuern. Sie habe nie behauptet, die Jungfrau Maria zu sein, erklärte sie damals.
Von Sabine Glaubitz, dpa