Mathieu Amalric ist ein Schauspieler, der sich seit Anfang der 90er Jahre im französischen "Cinéma d'auteur" einen guten Namen erworben hat. International bekannt wurde er durch die Rolle des gelähmten Journalisten in "Le scaphandre et le papillon" (César 2008 als bester Hauptdarsteller) und durch die des Bösewichts im bisher letzten Bond-Film "Quantum of Solace".
In Cannes zeigte er in diesem Jahr den Film "Tournée", in dem er nicht nur zu sehen ist, sondern bei dem er auch Regie geführt hat. Er erzählt die Geschichte eines abgehalfterten Künstlerbetreuers, der mit einer Schar amerikanischer Strip-Tease-Damen die französische Atlantkikküste entlangtingelt.
Das Ganze ist halb Dokumentarfilm, halb Fiktion, wobei die Geschichte dramaturgisch nicht wirklich viel hergibt. Der Manager, der so ziemlich in allen Bereichen seines Lebens versagt hat, versucht verzweifelt, ein Versprechen, das er den Damen gegeben hat, einzulösen und ihnen einen Auftritt in Paris zu verschaffen.
Ansonsten ist er damit beschäftigt, sicher zu gehen, dass seine Künstlerinnen im richtigen Zug sitzen, pünktlich zu ihren Auftritten erscheinen und sich genug Nachtruhe gönnen, um abends fit für ihre Darbietung zu sein. Eine nicht ganz so einfache Aufgabe, aber eine, die überschaubar ist und der er halbwegs gewachsen ist. Schließlich kommt er zu der Erkenntnis, dass seine Truppe seine Familie ist und er sich nur im Kreise dieser Exoten einigermaßen wohlfühlt.
Ein Loblied auf das Tingeltangel also, auf all diese Künstler im weitesten Sinn, die nicht zu den Berühmten gehören und ihre Brötchen mühsam verdienen, indem sie von einer Stadt zur nächsten wandern, immer auf der Suche nach ein bisschen Anerkennung und menschlicher Wärme.
"Tournée" ist ein Kuriosum in der aktuellen Kinolandschaft. Der Film erlaubt den Zuschauern, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen, und macht aus den Voyeuren, die sich von den üppigen Formen der Strip-Tease-Tänzerinnen anlocken lassen, letztendlich Voyeure der Seelen.
Frank Vandenrath - Bild: epa