Der Berliner Autor Jan Wagner hat als erster Lyriker den renommierten Preis der Leipziger Buchmesse gewonnen. Der 43-jährige gebürtige Hamburger erhielt die mit 15.000 Euro dotierte Auszeichnung am Donnerstag für seinen Gedichtband "Regentonnenvariationen". Wagner sagte, er hoffe, dass der Preis ein Licht auf die lebendige und vielfältige deutsche Lyrikszene werfe.
"Jan Wagners Auszeichnung wirkt hoffentlich wie ein Paukenschlag", sagte auch die Literaturkritikerin Meike Feßmann in ihrer Laudatio. Lyrik sei die am meisten unterschätzte Literaturform, sie verdiene mit ihren Möglichkeiten zu Ruhe und Konzentration viel mehr Beachtung. Jan Wagner gelinge es in seinen Gedichten, auch kleine und scheinbar nebensächliche Dinge mit Humor und Sprachwitz zu Minidramen zu verdichten.
Die ebenfalls nominierten vier Romane mussten sich dem Gedichtband geschlagen geben. Damit gingen Ursula Ackrill ("Zeiden, im Januar"), Teresa Päauer ("Johnny und Jean"), Norbert Scheuer ("Die Sprache der Vögel") und Michael Wildenhain ("Das Lächeln der Alligatoren") leer aus. Im vergangenen Jahr hatte Sasa Stanisic für seinen Roman "Vor dem Fest" den Belletristik-Preis gewonnen.
Der ebenfalls mit 15.000 Euro dotierte Preis für Sachbuch und Essayistik ging an den Wiener Autor Philipp Ther (Jahrgang 1967) für das Buch "Die neue Ordnung auf dem alten Kontinent". Der Professor am Institut für Osteuropäische Geschichte der Universität Wien kündigte an, einen Teil des Preisgeldes an ukrainische Kollegen weiterzugeben, die sich seit einem Jahr um Hilfe für Landsleute in der Ostukraine kümmern.
In der Sparte Übersetzung (15.000 Euro) wurde die Autorin Mirjam Pressler geehrt, die das neue Buch "Judas" des israelischen Autors Amos Oz aus dem Hebräischen übertragen hat. "Ich danke vor allem Amos Oz, diesen wunderbaren Roman geschrieben zu haben", sagte die Preisträgerin. Oz bedankte sich umgekehrt mit einem Vergleich: "Ein literarisches Werk in eine andere Sprache zu übersetzen ist wie ein Violinkonzert auf einem Klavier zu spielen."
Thematisch stand die Buchmesse am Donnerstag im Zeichen des deutsch-israelischen Dialogs. 50 Jahre nach der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen beiden Ländern sind mehr als ein Dutzend namhafte israelische Autoren in Leipzig vertreten. Kulturstaatsministerin Monika Grütters sagte, der kulturelle und literarische Austausch sei für das gegenseitige Verständnis besonders wichtig.
dpa/est