Der diesjährige Literaturnobelpreis geht an den 69-jährigen Franzosen Patrick Modiano. Das teilte die Schwedische Akademie am Donnerstag in Stockholm mit. Er wird für seine "Kunst der Erinnerung" geehrt. Die Werke des Literaten spielen oft in dem von Deutschen besetzten Paris während des Zweiten Weltkriegs oder in der Nachkriegszeit. Die wichtigste Literaturauszeichnung der Welt geht damit zum 15. Mal nach Frankreich.
Modianos Romane wie "Die kleine Bijou" und "Eine Jugend" hat der Österreicher Peter Handke ins Deutsche übersetzt. Bekannte Werke sind auch "Der Horizont" und "Place d'Étoile".
Modianos aktueller deutscher Verleger zeigte sich wenig überrascht. In den vergangenen zwei Wochen sei Modiano ein heißer Kandidat gewesen, sagte Hanser-Verleger Jo Lendle auf der Frankfurter Buchmesse. Er kündigte an, dass der neue Roman des Autors, "Gräser der Nacht", vorgezogen werde und bereits sehr bald auf den Markt komme.
Nach Einschätzung seiner schwedischen Verlegerin Elisabeth Grate dürfte die Auszeichnung dem menschenscheuen Franzosen einen Schreck einjagen. "Ich glaube, das ist ein Schock für ihn." Modiano, der der 111. Literaturnobelpreisträger überhaupt ist, sei "ein Marcel Proust unserer Zeit", sagte Peter Englund, Ständiger Sekretär der Schwedischen Akademie. Er schreibe "sehr elegante Bücher, aber sie sind nicht schwierig zu lesen". Er sei in Frankreich sehr bekannt und vielgelesen, "aber darüber hinaus nicht sehr". Paris tauche sehr oft in seinen Büchern auf, er kenne die Stadt in- und auswendig, sagte Englund über den in der Pariser Vorstadt Boulogne-Billancourt geborenen Modiano.
Zuletzt hatte 2008 ein Franzose den Nobelpreis für Literatur bekommen: der heute 74-jährige Jean-Marie Gustave Le Clézio.
Englund erläuterte die Entscheidung für Modianos Arbeit: "Ein großes Werk. Er hat insgesamt um die 30 Bücher geschrieben, hauptsächlich Romane, aber auch Kinderbücher, Drehbücher." Es seien kleine Bücher, "die immer Variationen desselben Themas sind, die Erinnerung an Verlust". Zunächst habe die Akademie den Preisträger noch nicht informieren können - "aber wir hoffen, ihn bald zu erreichen".
Der Literaturkritiker Denis Scheck (ARD/"Druckfrisch") zeigte sich begeistert von der Entscheidung: "Der Preis geht an einen Autor, der in seinem Werk scheinbar Unvereinbares miteinander verbindet, der ein gleichermaßen souveräner Artist und besessener Archivist ist."
Im vergangenen Jahr hatte die kanadische Kurzgeschichten-Autorin Alice Munro den Literaturnobelpreis erhalten. Letzte deutschsprachige Preisträger waren Herta Müller (2009), Elfriede Jelinek (2004) und Günter Grass (1999).
Der Literaturnobelpreis wird seit 1901 vergeben. Er ist wie die anderen Nobelpreise mit 8 Millionen schwedischen Kronen (rund 880 000 Euro) dotiert.
Verliehen wird er traditionell am 10. Dezember in der schwedischen Hauptstadt. Das ist der Todestag des schwedischen Preisstifters und Industriellen Alfred Nobel (1833-1896). An diesem Tag werden auch die wissenschaftlichen Auszeichnungen vergeben.
Am Freitag wird der Name des Friedensnobelpreisträgers 2014 verkündet.
dpa/fs - Bild: Martin Bureau (afp)