Als sei die Zeit stehen geblieben, präsentiert sich heute das Verwaltungsgebäude der Tuchfabrik Wilhelm Peters. 1972 kam auch für das im Langesthal gelegene Unternehmen das Aus. Es war die letzte und zugleich die größte der Eupener Tuchfabriken. Angefangen hatte alles mit Wilhelm Peters, dem aus Hessen eingewanderten Spross einer evangelischen Pfarrersfamilie, der durch seinen einflussreichen Onkel David Hansemann unterstützt wurde. Nach anfänglichen Misserfolgen machte er aus der Fabrik ein blühendes Unternehmen.
Das Buch leuchtet neben der Firmengeschichte auch die Zeitumstände besser aus, dank der Öffnung aller Archive der Peters-Familien in Eupen und Aachen. Ein seltener Glücksfall für die überregionale Forschung, so Staatsarchiv-Leiterin Els Herrebout. Neben der Herausgeberin Marga van den Heuvel haben die Familien Peters in Eupen und Aachen sowie sechs weitere Forscher auf über 250 Seiten am Beispiel der Unternehmerfamilie Peters ein bedeutendes Kapitel der Wirtschaftsgeschichte des Grenzlandes untersucht.
Die Patriarchen lebten entweder am Pulsschlag auf dem Betriebsgelände im Langesthal oder nur einen Steinwurf weit entfernt. Ihre prachtvoll ausgestatteten Villen im Bellmerin und an der Monschauer Straße setzten einen modernen Kontrapunkt zu den alten Patrizierhäusern in der Oberstadt. Yvonne Küchenberg, geborene Peters, verlebte ihre Kindheit im Haus des Firmengründers, dem Großvater ihres Großvaters. Die Immobilienmaklerin interpretiert die Geschichte der Peters auch als "Abfolge von Machos", wie sie sagt, die jeweils in die Fußtapfen ihrer Väter traten. Es gab aber auch starke Frauen wie Mathilde Peters, die Frau Robert Wetzlars, der unter anderem die Kammgarnwerke schmiedete. Das kinderlose Paar fühlte sich einer vorausschauenden Sozialpolitik verpflichtet, deren Früchte wie Arbeiter-Kassen, Schulen oder das Volksbad als Stiftung bis heute nachwirken. Bei ihrem persönlichen Engagement für die Unterstadt, denke sie oft an ihre Tante denken, bekennt ihre Großnichte.
Staatsarchivarin Els Herrebout hat Lebenswelt und Stellung der Peters analysiert. Die Geschichte eines Unternehmens und seiner Akteure hat viele Gesichter: Der Name Peters stand vor und während der Gründerzeit, zwischen und während der Kriege, wiederholtem Staatenwechsel, Wirtschaftswunder und Textilkrise für zeittypischem Patriotismus, Verankerung im protestantischen Glauben und gesellschaftlichem und politischem Engagement. Und dazu gehörte stets eine gehörige Portion väterlicher Fürsorge für die loyale Belegschaft. Dass dies nicht vergessen ist, dafür sind die Nachfahren im 200. Geburtsjahr des Firmengründers auch dankbar.
Angaben zum Buch
"Das feine Tuch"
Höhen und Tiefen der Tuchindustrie (Textilunternehmen Peters 1830-1970)
GrenzEcho-Verlag
256 Seiten, 21 x 27 cm, gebunden mit Schutzumschlag, Lesebändchen 29,95 Euro
Autor(en)
Dr. phil. Marga van den Heuvel (Herausgeberin)
Jochen Buhren
Els Herrebout
Dr. phil. Lutz-Henning Meyer
Dr., M.A. Peter M. Quadflieg
Dr. phil. Herbert Ruland
Prof. Dr. Paul Thomes
ISBN : 978-3-86712-089-0
Bild: BRF Fernsehen