Der Schriftsteller Wolfgang Herrndorf ist tot. Der Autor des Bestsellers "Tschick" starb am Montag mit 48 Jahren in Berlin, wie der Rowohlt Verlag in Reinbek bei Hamburg mitteilte. Herrndorf litt unter einem unheilbaren Gehirntumor.
Der gebürtige Hamburger hatte 2010 mit seiner anrührenden Ausreißer-Geschichte "Tschick" einen Überraschungserfolg gelandet. Inzwischen hat sich das Buch über eine ungewöhnliche Jungenfreundschaft mehr als eine Million mal verkauft, es wurde in 24 Sprachen übersetzt.
2012 erhielt Herrndorf für seinen vielschichtigen Agententhriller "Sand" den renommierten Preis der Leipziger Buchmesse. Schon damals konnte er die Auszeichnung nicht mehr persönlich entgegennehmen. Er litt seit 2010 an einem bösartigen Gehirntumor und musste sich dreimal operieren lassen. Über seinen Kampf gegen die Krankheit gab er in dem Internetblog "Arbeit und Struktur" Auskunft.
1965 in kleinbürgerlichen Verhältnissen in Hamburg geboren, hatte Herrndorf in Nürnberg Kunst studiert und zunächst als Illustrator gearbeitet, unter anderem für das Satiremagazin "Titanic". Schon sein Romandebüt "In Plüschgewittern" (2002) wurde von der Kritik positiv aufgenommen, 2004 erhielt er für die Kurzgeschichte "Diesseits des Van-Allen-Gürtels" den Publikumspreis beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb, bis 2010 mit "Tschick" der große Durchbruch kam.
In den letzten Einträgen in seinem Blog berichtete der Autor berührend, wie immer mehr seine Kräfte schwinden. "Beim Aufstehen am Morgen drei oder vier Meter rückwärts durchs Zimmer getaumelt und mit Kopf und Nacken gegen die Tischkante geknallt", schrieb er am 15. Juli. "Befund schlecht wie erwartet. Avastin ohne Wirkung, Glioblastom (bösartiger Hirntumor) beiderseits progressiv. Ende der Chemo. OP sinnlos. Ich weiß, was das bedeutet."
Die Autorin Kathrin Passig erklärte am Dienstag via Twitter, Herrndorf sei nicht an Krebs gestorben, sondern habe sich in den späten Abendstunden am Ufer des Hohenzollernkanals erschossen. Die Polizei wollte dies nicht bestätigen. Eine Sprecherin des Rowohlt Verlags sagte, man wisse nichts über die Todesumstände.
Passigs Kollege Sascha Lobo leitete ihre Nachricht weiter und schrieb: "Farewell Wolfgang". Die "Titanic" würdigte ihn als "höchst genialen Zeichner und Illustrator". "Keiner konnte, was Herrndorf konnte. Wir trauern."
dpa/mh - Foto: Steffi Roßdeutscher/Rowohlt Verlag
Man hätte noch hinzufügen können, dass Herrndorf im Juni 2008 in Sankt Vith gelesen hat, nachdem er zwei Tage vorher mit einem von der DG gestifteten und von Kulturministerin Weykmans überreichten Literaturförderpreis ausgezeichnet worden war.
Mit Herrndorf verliert die deutsche Literaturszene einen außerordentlich ausdrucksstarken Schriftsteller. Die von Guido Thome angesprochene Lesung im Rathaussaal in Sankt Vith wird mir immer in Erinnerung bleiben. Sein fesselnder Agntenthriller "Sand" war u.a. meine Urlaubslektüre und ich kann ihn nur jedem weiter empfehlen.