Wir erreichen Serge Bodart sinnigerweise ... im Ausland. Wie viele von uns nutzt er gerade die Vorzüge der Freizügigkeit. Beruflich hatte der frühere Richter für Ausländerrecht häufiger mit Fällen zu tun, in denen es weniger um Freizügigkeit und Freiwilligkeit ging.
Und in dieser Funktion haben Serge Bodart und seine Kollegen immer wieder feststellen müssen, dass die Regeln so oft sie auch im Laufe der Zeit angepasst wurden, häufig nicht mit der Realität derjenigen übereinstimmten, die Schutz suchen oder auch nur ein besseres Auskommen.
Wobei, das macht Serge Bodart, in seinem Buch sehr früh deutlich, auch die Sammelbegriffe Ausländer, Migrant oder Flüchtling in vielen Fällen nur unzureichend seien. Darum wählt er stellvertretend die ebenfalls vielschichtige Sagengestalt des Odysseus – sozusagen für alle die – ein klares Ziel vor Augen - rastlos umherirren.

Diesem suchenden Odysseus setzt Serge Bodart eine Figur gegenüber, die ihm als früherem Beamten und Richter nur allzu vertraut sei: den Zöllner, den der Autor aber ebenso gegen Vorurteile in Schutz nimmt.
Denn weder die Abschaffung der Grenzen noch eine Abschottung könnten realistisch gesehen eine zufriedenstellende Antwort geben auf die Fragen der Migration, der Gastfreundschaft, des kontrollierten Zuzugs, aber auch der Parallelgesellschaften und der Ausbeutung. Serge Bodart warnt vor der Erwartung, es könne auf diese komplexen Fragen eine einfache Antwort geben - und schon gar keine einseitig nationale.
Serge Bodart spricht davon, mehr Solidarität zu wagen zwischen Herkunftsländern, Transitländern und den Zielländern. Wobei letztere im Spannungsfeld lägen zwischen der sogenannten “Angst vor Überfremdung” und dem etwas scheinheiligen Bedarf nach (billigen) Arbeitskräften im Bauwesen, im Gastgewerbe, in der Landwirtschaft oder in der Pflege.
Die reinste Odyssee. Im Kampf gegen eine Zweiklassengesellschaft der “Privilegierten” auf der einen Seite und der Rechtlosen auf der anderen Seite bekennt sich Serge Bodart zu den Universalwerten, die gleichwohl menschengemacht und nicht gottgegeben seien, wie er unterstreicht. Aber sie könnten die Grundlage bilden für ein überarbeitetes Gastrecht, das pragmatischen Ansprüchen genügt.
Stephan Pesch