Autofahrer sollten wissen, dass flämische Verkehrsschilder mit der Aufschrift "Mist" nicht vor Kuhdung warnen, sondern vor Nebelbildung. Wörter, die in verschiedenen Sprachen gleich aussehen oder ähnlich klingen, führen leicht zu Fehldeutungen und Missverständnissen. Professor Siegfried Theissen hat eine ganze Reihe dieser "falschen Freunde" entlarvt.
Der emeritierte Sprachwissenschaftler Siegfried Theissen kennt sich aus mit den Fallstricken der Sprache. Dabei ist er nach eigenem Bekunden auch einmal einem "falschen Freund" aufgesessen: "Als ich meinen ersten Oldtimer hatte und den versichern ließ, dachte ich auch, das wäre das englische Wort. Das war mir gar nicht aufgefallen. Und dann sah ich auf der Versicherungspolice 'classic car', also gar nicht 'Oldtimer'. Und dann habe ich mich da reingekniet und so hat das Ganze angefangen, dass ich mich dafür interessierte. Was wir 'Oldtimer' nennen, ist 'classic car'. Auch 'oldtimer' gibt es im Englischen, aber das ist ein alter Knacker. Also wenn jemand sagt 'Gestern war ich mit meinem Oldtimer unterwegs', versteht der Engländer was ganz anders."
Mittlerweile sammelt er "falsche Freunde" wie andere Leute Oldtimer. Abgeleitet sind diese "falschen Freunde" oder "false friends" oder "valse vrienden" alle vom französischen "faux amis" - und meinen alle dasselbe: "Das heißt, dass zwei lautähnliche oder fast lautähnliche Wörter in zwei verschiedenen Sprachen, die man sehr gern miteinander verwechseln könnte, was ganz anderes bedeuten. Und das ist natürlich eine Fangfrage dann für alle Übersetzer. Aber auch sonst für Leute, die sich in dieser Sprache ausdrücken wollen."
"Dreimal gebellt"
Besonders groß ist die Gefahr bei eng verwandten Sprachen wie dem Deutschen und dem Niederländischen: "Das niederländische 'bellen' heißt 'klingeln' und das deutsche 'Bellen' wird mit 'blaffen' übersetzt im Niederländischen. Es gibt auch den niederländisch-deutschen Witz: Ich habe dreimal gebellt, aber niemand kam die Tür öffnen."
Nicht immer sind die Unterschiede so offensichtlich. Es hängt auch davon ab, wie und wo die Wörter gebraucht werden: "Was man in Eupen vielleicht nicht so genau sieht, ist das 'Café', dass das deutsche Café eigentlich im Französischen 'salon de thé' heißt. Und das französische Café ist dann eine Kneipe. Aber in Eupen wird das ein bisschen durcheinander geworfen."
Fast 400 Wortpaare für Deutsch-Französisch hat Siegfried Theissen zusammengetragen, mehr als 500 im Vergleich zum Englischen und rund 700 im Niederländischen:
"Diese Listen gibt es ja massenweise, aber nicht so komplett wie hier. Aber das ganz Neue, das sind die Beispielsätze. Und da sieht man genau, wo Überschneidungen sind und wo krasse Gegensätze bestehen."
Missverständnisse vermeiden
Ein willkommene Handreichung für all diejenigen, die Missverständnisse vermeiden wollen oder auch peinliche Situationen.
"Französische Kollegen, die mit mir in Deutschland waren, wussten nicht, dass ein deutsches Etablissement absolut nicht das Gleiche ist wie das französische 'établissement'. Es ist im günstigsten Fall ein anrüchiges Café, es kann aber auch etwas Schlimmeres sein. Dabei ist das französische 'établissement' ein ganz neutrales Wort."
Was für ein Glück, dass die Herren einen Fachmann wie Professor Theissen dabei hatten ...
Stephan Pesch