Der Nobelpreis geht nach 20 Jahren wieder an einen lateinamerikanischen Autor: Die Schwedische Akademie in Stockholm hat die begehrteste Literaturauszeichnung der Welt am Donnerstag dem Peruaner Mario Vargas Llosa zuerkannt.
Sie würdigt den 74 Jahre alten Autor für seine «Kartographie der Machtstrukturen und scharfkantigen Bilder individuellen Widerstands, des Aufruhrs und der Niederlage». Zu den bekanntesten Werken von Vargas Llosa gehören unter anderem «Das Fest des Ziegenbocks» und «Das Paradies ist anderswo».
Der letzte Träger des Literaturnobelpreises aus Lateinamerika war der Mexikaner Octavio Paz im Jahr 1990. Vargas Llosa erhielt die Nachricht von der Auszeichnung in New York und äußerte sich «sehr gerührt und begeistert». Der Chef der schwedischen Nobel-Juroren, Peter Englund, sagte bei der Bekanntgabe: «Llosa ist über sehr lange Zeit einer der ganz Großen der lateinamerikanischen Literatur gewesen.» Der Peruaner habe schon in den 60er und 70er Jahren zum damaligen Boom für Literatur aus Lateinamerika beigetragen.
Kein Morgenmuffel
Vargas Llosa hält sich in New York auf und lehrt an der Princeton-Universität im US-Bundesstaat New Jersey. «Er war schon um fünf Uhr aufgestanden, um sich auf eine Vorlesung vorzubereiten. Unseren Anruf bekam er um Viertel vor sieben und da war er schon kräftig am Arbeiten», berichtete Englund.
Vargas Llosa habe angekündigt, dass er zur Preisverleihung am 10. Dezember nach Stockholm kommen wolle. Der Peruaner gehörte nicht zu den Namen der vielen, die bei den Spekulationen der vergangenen Woche am häufigsten genannt worden waren. Allerdings zählte er seit mehr als zehn Jahren immer wieder zu den «Geheimfavoriten».
Die Wetten lagen diesmal daneben
Unmittelbar vor der Verkündung war der US-Autor Cormac McCarthy bei den Buchmachern zum Favoriten aufgestiegen. Dahinter folgten der schwedische Lyriker Tomas Tranströmer (5:1) und der Kenianer Ngugi wa Thiong'o (6:1). Als Preisträger lag Vargas Llosa nur im Mittelfeld. Die Wetten bei Ladbrokes waren vor der Vergabe von Literaturnobelpreisen in den vergangenen Jahren teilweise ein verblüffend genauer Indikator für den tatsächlichen Preisträger.
Im vergangenen Jahr hatte die rumänisch-deutsche Autorin Herta Müller (57) den berühmtesten Literaturpreis der Welt bekommen. Er ist mit umgerechnet 1,1 Millionen Euro (zehn Millionen Kronen) dotiert und wird traditionsgemäß am 10. Dezember zusammen mit den wissenschaftlichen Nobelpreisen vom schwedischen König Carl XVI. Gustaf überreicht.
Am selben Tag bekommt in Oslo der Friedensnobelpreisträger seine Auszeichnung. Die Entscheidung über die Vergabe wird am Freitag (8. Oktober) in Norwegens Hauptstadt bekanntgegeben.
Thomas Borchert (dpa) - Bild: epa