"Hier sind wir jetzt in der Bert Brecht-Straße, zu Ehren des doch eigentlich ganz lange ungeliebten Sohnes. Augsburg hat sich nämlich sehr lange sehr schwer getan mit dem berühmten Sohn, weil Brecht in erster Linie immer als Revoluzzer dargestellt wurde. Er hat sich ja auch selber dazu stilisiert. Es hat ewig gedauert, bis man sich tatsächlich klar geworden ist, dass er einer der größten deutschen Dramatiker war", sagt Touristenführerin Karin Kurzendörfer.
Der berühmte Schriftsteller und Bühnenautor Bertolt Brecht wurde am 10. Februar 1898 in der Stadt am Lech geboren. Sein Vater hatte eine gut bezahlte Anstellung als Prokurist in einer Papierfabrik und die Familie bewohnte eine geräumige Werkswohnung. An einem vornehm wirkenden Haus erinnert heute eine schlichte Tafel an den berühmten Bewohner: "In diesem Haus wohnte während seiner Jugendjahre Bert Brecht".
"Das müssen zwei Etagen gewesen sein, die die Familie bewohnt hat. Und es war ja jetzt nicht so, dass sie vier Kinder gehabt haben. Es war ja nur der Bert Brecht, sein Bruder, seine Mutter und sein Vater", erklärt Kurzendörfer. Zwei Jahre war er alt, als seine Eltern das Haus in der Bleichstraße bezogen. Gute Wohnlage - heute wie damals.
Barfüßerkirche
Der Weg auf Brechts Spuren führt weiter Richtung Innenstadt, zur Barfüßerkirche. 1243 erbaut, gehörte sie ursprünglich zu einem Franziskanerkloster. Rund 300 Jahre später wurde sie nach der Reformation zum ersten evangelischen Gotteshaus Augsburgs. Hier wurde Bert Brecht getauft und 1912 konfirmiert. "Er ist einfach so ein großer deutscher Dichter und Schriftsteller und auch wenn er gegenüber der Kirche zum Teil kritisch war - das darf man ja auch -, ist er hier konfirmiert worden", sagt Hans Seemüller, Mitglied des Kirchenvorstandes.
Eine große Papp-Tafel erinnert an den berühmten Konfirmanden. Neben einigen schwarz-weiß-Fotos und einem biographischen Informationstext kann man darauf lesen: "Er nahm offensichtlich den Konfirmanden-Unterricht recht ernst. Mühelos konnte er die aufgetragenen Bibeltexte hersagen."
Geburtshaus
Auf dem Rain 7, einen Steinwurf von der Barfüßerkirche entfernt, liegt das Geburtshaus von Bert Brecht. Es liegt im ehemaligen Handwerkerquartier, dem Lechviertel. Direkt vor und hinter dem Gebäude fließt kanalisiertes Lech-Wasser vorbei. Die Kanäle dienten früher als Transportwege, als Antriebskraft für Mühlen und Treibriemen, aber auch zur Müllentsorgung.
Die Familie Brecht bewohnte die erste Etage, die sie sich mit zwei weiteren Mietparteien teilen musste. "In der unteren Etage war eine Feilenhauerei drin. Das muss fürchterlich laut gewesen sein und deshalb sind sie tatsächlich - Brecht ist im Februar geboren, im September war er ein halbes Jahr alt - auch hier ausgezogen. Viel mehr Zeit hat Bertolt Brecht in diesem Haus gar nicht verbracht", erklärt Kurzendörfer.
Erst 100 Jahre nach seiner Geburt hatten sich die Vorbehalte gegen den lange ungeliebten Sohn der Stadt soweit verflüchtigt, dass man 1998 in dem ehemaligen Handwerkerhaus ein Brecht-Museum einrichtete. Alte Möbel, Theater-Plakate, Bücher in allen erdenklichen Sprachen, historische Fotos erinnern an das Leben und Wirken Brechts.
Brecht-Festival
In der Buchhandlung am Obstmarkt betreiben die Besitzer einen ganz besonderen Brecht-Shop. Kurt Idrozovic, wie Bertolt Brecht gebürtiger Augsburger, ist ein profunder Brecht-Kenner und eingefleischter Brecht-Fan. In seiner Buchhandlung sind gerade einige Kisten mit Programmheften angekommen. Von Ende Februar bis Anfang März findet in der Geburtsstadt des Dichters das Brecht-Festival mit jeder Menge Veranstaltungen statt. Theater, Performance, Konzerte, Lesungen, Diskussionen, Filme. Ein Termin folgt auf den nächsten.
Der lange Jahre ungeliebte Kommunist Brecht ist in Augsburg wieder salonfähig. "Als Franz-Xaver Kroetz in Augsburg Brecht-Texte lesen wollte, hat ihm das die Stadt Augsburg verboten. Das kenne ich jetzt nicht mehr, diese Stimmung ist weg. Man geht entspannt damit um und man kann ihn sogar vermarkten. So kann auch eine Stadt über die touristische Schiene noch ein bisschen näher mit ihrem Schriftsteller zusammenwachsen. Das Interesse ist groß und es wächst, weil er eben zur Bankenkrise und zu sozialen Differenzen immer was zu sagen hat - und das ist nicht das Dümmste", sagt Idrizovic.
Das Brecht-Festival in Augsburg startet am 23. Februar. Alle Informationen zum umfangreichen Programm und den Terminen gibt es unter Brechtfestival.de.
as/mg