Willy Mommer Junior erlangte als Dirigent, Komponist und Kulturmanager internationale Bedeutung. Wie nur wenige hat Mommer, der 1972 - gerade mal 51-jährig - verstarb, das Kulturleben Eupens und der gesamten Deutschsprachigen Gemeinschaft nachhaltig geprägt. Zahlreichen Chören drückte er mit seinem engagierten Dirigat seinen Stempel auf, schuf Kompositionen, die heute noch zum Repertoire der Chorliteratur zählen und auch in Sachen Kulturvermittlung setzte er Maßstäbe.
Aber, wie der Untertitel des Buches "Im Reich der Spitzentöne" verrät, gab es auch eine weitere weniger bekannte Seite Willy Mommers, jene des Spions. Auch der Familie war diese Seite eher unbekannt: "Selbst in der Familie wusste man, dass er gewisse Dinge aus den Kriegsjahren für sich behielt. Der aus Eupen stammende Professor Johannes Vandenrath hat mich dann dazu angehalten, nicht nur die musikalische Brillanz des Schaffens Willy Mommers näher zu beleuchten, sondern auch dessen Tätigkeit im Widerstand ans Tageslicht zu bringen", so Marie-Claire Mommer.
Willy Mommer Junior war während des Zweiten Weltkriegs als junger Soldat Funker beim deutschen militärischen Nachrichtendienst in Münster, Köln und Belzig bei Berlin. Dank seines exzellenten Klavierspiels erhielt er Zugang zu den höchsten Machtzirkeln des Militärs und so konnte er den belgischen Widerstand und die britischen Nachrichtendienste mit Informationen versorgen. Der Historiker Christoph Brüll begab sich auf Spurensuche: "In Brüssel werden die Akten der Widerstandskämpfer aufbewahrt und hier finden sich Informationen, die belegen, dass Willy Mommer - wie weitere Eupener Pfadfinder - Widerstand geleistet hat. Dies war schon sehr gut dokumentiert. Daneben fand ich in Archiven in Freiburg und Brüssel Berichte, die Willy Mommer selbst zu seiner Widerstandstätigkeit geschrieben hat, die direkt von seiner Seite Aufschluss gaben und ein sehr direkter Schlüssel zu seiner Person waren."
Das ist das besonders interessante und bemerkenswerte an dieser Willy-Mommer-Biographie. Marie-Claire Mommer zeichnet für eine literarisch-biographisch-familiäre Annäherung an ihren Vater verantwortlich, Christoph Brüll liefert die historische Betrachtung und Einordnung. So ist zum Beispiel das musikalische Schaffen Mommers bestens dokumentiert: "Wir haben hier den Fall eines Dirigenten, der jeden Auftritt seiner Chöre dokumentierte mit Fotos, mit Kommentaren wie gesungen wurde und ebenso zu den Konzertorten. So notierte er, dass in Eupen kein Konzertsaal bestand, der den aufgeführten Werken würdig gewesen wäre. Vieles von dem wusste man zwar schon, aber was man analytisch nach vorne bringen musste, war die Tatsache, dass ihm Musik als grenzüberschreitendes Kulturwirken absolut wichtig war, da wo die Sprache in der ostbelgischen Nachkriegsgesellschaft nicht da war, war es sicher seine Musik."
Für Marie-Claire Mommer war es natürlich ein Herzensanliegen dieses Buch zu schreiben. Ihre Erinnerungen an den Vater sind vielseitig: "Die Reisen, die Konzerte, bei denen ich sehr jung involviert wurde, binden mich sehr stark an meinen Vater. Und natürlich die Familienkonzerte. Wenn er, nicht jeden Sonntag, aber ab und zu sich an den Flügel setzte und zum Beispiel die Rigoletto-Paraphrasen spielte, das waren echte Sternstunden."
Beim GrenzEcho-Verlag ist das Buch "Im Reich der Spitzentöne - Willy Mommer Junior, Musiker, Spion, Kulturmanager" erschienen.
Hans Reul