Jan Hoet war unter anderem als Stifter und Direktor des SMAK in Gent bekannt. Spätestens seit der Leitung der IX. Documenta im Jahre 1992 galt der vom König vor einigen Jahren in den Adelsstand erhobene Kurator landesweit als "Kunstpapst". Große Verdienste erwarb sich Hoet zeitlebens im Bereich der Vermittlung der Gegenwartskunst.
Nicht einmal fünf Monate sind es her, dass der umtriebige Flame an einem Sonntag erneut das IKOB aufsuchte, um in die Ausstellung "Home" von Paul Schwer und Emmanuel Van den Auwera einzuführen und neben guter Laune auch noch Worte des Ansporns für die neue IKOB-Direktorin Maité Vissault im Gepäck hatte.
"Durch Kunst den Blick weiten, sich an ihr bereichern," das war sein Credo. Jan Hoet selbst wirkte damals gut erholt, voller Pläne, stand kurz vor der Eröffnung seiner Ausstellung "Middle Gate" im limburgischen Geel. Die Schau über Kunst und Psychiatrie sollte seine letzte sein.
Die Nachricht vom Tod des 77-Jährigen war die einzige Meldung, die sich im Karnevalstrubel behauptete. Es hätte ihm gefallen. Und apropos Geel: Dort war er in der kinderreichen Familie des örtlichen Psychiatrie-Chefs aufgewachsen. Die Liebe zur Kunst sei ihm schon in die Wiege gelegt worden, bekannte Jan Hoet 1993 in einem vollbesetzten Eupener Jünglingshaus vor 300 amüsiert reagierenden Schülern der Athenäen von St.Vith, Bütgenbach und Kelmis sowie der Eupener Pater-Damian-Schule.
Dass damals in Ostbelgien so viel über Kunst gesprochen wurde, lag an der Ausstellung "Kontakt 93" im Eupener Park Klinkeshöfchen. Die mit der Rekordzahl von 600.000 Besuchern abgeschlossene IX. documenta hatte Hoet weltberühmt gemacht, wohl auch berühmter als seine Vorgänger und seine Nachfolger.
In Eupen leistete er Schützenhilfe, indem er anspornte. Gestützt auf seine Erfahrungen in Gent, sagte er in der BRF-Kultursendung, die DG müsse sich von der Anhängsel- und Mitläuferrolle verabschieden. Weil in der Provinz das Gefühl der Impotenz stärker zum Ausdruck komme, müsse die Region beweisen, dass man etwas darstelle. Insofern sei "small beautiful".
Hoet hatte das selbst in Gent erfahren, wo er gegen viele Widerstände das erste Museum für Zeitgenössische Kunst, das heute als SMAK firmiert, gründete. Seine erste Ausstellung "Aktuelle Kunst in Belgien. Einsicht/Übersicht" wirkte 1979 wie ein Befreiungsschlag. Unter den 20 Künstlern, die Hoet damals zeigte, waren mit Jaques Charlier, Bernd Lohaus und Guy Rombouts sowie den damals in Raeren ansässigen Barbara & Michael Leisgen schon fünf Künstler zu sehen, die sich 1993 auch im Park Klinkeshöfchen engagierten.
Das war seine Stärke : Jan Hoet verstand viel davon, wie man Kunst Nicht-Profis vermittelt. Seine charismatische Persönlichkeit und sein Temperament taten ein Übriges. Als das IKOB 1997 mit der grenzüberschreitenden Aktion "Volle Scheunen" ein rundes Dutzend Eifel-Ardennen-Dörfer zum Schauplatz neuer Kunst machte und ein noch nie dagewesenes Echo im In- und Ausland auslöste - es sei nur an die Reportage im ZDF-heute-Journal zur besten Sendezeit erinnert -, war auch Jan Hoet wieder zur Stelle. In Ligneuville diskutierte der "Kunstpapst" diesmal mit.
Seitdem kam Jan Hoet regelmäßig nach Eupen, wo er die Spuren, die er Anfang der 1990er Jahre gelegt hatte, weiter verfolgte. Bis zuletzt, wie gesagt.
Die Deutschsprachige Gemeinschaft hat Jan Hoet viel zu verdanken. Seit dem 1993er Sommer, wo über eine größtenteils ungeliebte, vielfach verschmähte Open-Air-Ausstellung und mit Jan Hoet so viel wie noch nie in Ostbelgien über aktuelle Kunst diskutiert wurde, ist sie auch hier am rechten Platz. Und wird es bleiben, so lange wie wir uns auch an Jan Hoet erinnern.
Archivbild: Kristof Van Accom (belga)