Die Unesco hat die historische Bedeutung des Archivs der alten Universität Löwen (1425-1797) in das Weltregister des Dokumentenerbes aufgenommen. Das entschied das Internationale Unesco-Komitee bei einer Konferenz in der südkoreanischen Stadt Kwangju.
Im Weltdokumentenerbe "Memory of the World" sind bedeutsame Aufzeichnungen aus der Geschichte der Menschheit versammelt, wie etwa die Gutenberg-Bibel, die Anne Frank-Tagebücher oder die 3600 Jahre alte Himmelsscheibe aus Nebra. Neu aufgenommen wurden auch Schriften von Karl Marx und das Grundgesetz des Heiligen Römischen Reichs, die Goldene Bulle.
Das Archiv der alten Universität Löwen stellt einen wichtigen Baustein für die intellektuelle Geschichte des 16. Jahrhunderts dar, als Löwen - nach Paris - die größte Unversität nördlich der Alpen war und Studenten aus ganz Europa anzog. Die Anziehungskraft Löwens auf das Gebiet des heutigen Ostbelgiens ist schon legendär und dauert bis heute an.
Die 800 Jahr-Feiern in Eupen und Eynatten rücken aktuell wieder zahlreiche Persönlichkeiten in den Blickpunkt, die alle in Löwen ihr theologisches oder juristisches Rüstzeug erhielten: mehrere Äbte von Rolduc, wie Eupens erster Pfarrer Nikolaus Heyendael; den Eynattener Kanoniker Wilhelm Wildt; Simon Peter Ernst, Nestor der Geschichtsschreibung Limburgs; den aus Eupen gebürtigen Aachener Stiftsdekan Cardoll oder den Walhorner und Eupener Dechant Franz Josef Klausener.
Löwen und das Aachener Marienstift stritten regelmäßig über das Recht zur Ernennung des Pfarrers, wie im Fall des Johannes van den Daele, dessen Nachfahren aus dem Brabantischen hier heimisch wurden und der Legende nach das Rezept der Aachener Printen verfeinerten. Nicht zu vergessen Caspar Anton von der Heyden, genannt Belderbusch, Premierminister des Kölner Kurfürsten Clemens August. Der Landkomtur des Deutschen Ordens von Alden Biesen stammte von Schloss Streverdorp in Montzen, studierte Jura in Löwen und arrivierte als einflussreichster Strippenzieher im Land zwischen Rhein und Maas gegen Ende des Ancien Regimes.
Das Archiv der alten Universität bietet wie kaum ein anderes einen tiefen Einblick in den Alltag einer frühneuzeitlichen Universität und deren intellektuelle, soziale, religiöse und kulturelle Aspekte. Nicht zuletzt war die Bildung des "Collegium Trilingue" 1517 ein Meilenstein in der Geschichte des Humanismus. Gelehrte wie Erasmus, Mercator und Lipsius sorgten schon damals für internationale Aufmerksamkeit. Die bereits jetzt online verfügbaren Matrikel stoßen auf internationales Interesse, waren doch in Löwen Studenten aus den damaligen Niederlanden, dem Deutschen Reich, England, Schottland und Irland stets zu Hause.
Abbildung: Abschrift der Stiftungsurkunde der Universität Löwen, 9 Dezember 1425. Staatsarchiv in Löwen, Archief Oude Universiteit Leuven 3 , f. 2-5 v°. Literatur: M. Nelissen, J. Roegiers und E. Van Mingroot, De stichtingsbul van de Leuvense universiteit 1425-1914, Leuven, 2000