Wenn man bedenkt, dass die Leute zuerst nur Vornamen hatten und die Familiennamen dann aus dem Beruf oder dem Amt des Namensträgers (z.B. Müller, Margraff) oder einfach vom Vornamen abgeleitet sind (oft in der Form Vorname + en mit der Bedeutung 'Sohn des...' wie in Theissen), dann ist es nur allzu verständlich, dass viele Familiennamen sich auf die Herkunft (z. B. Dürnholz, ein Ortsname in Rheinland-Pfalz) oder auf die Wohnstätte (z. B. Creutz, an einem Kreuzweg wohnend) beziehen.
Zu den Herkunftsnamen gehören: Brammertz (norddeutscher Orts- und Flurname), Deneffe (aus Neffe in der Provinz Namür), Dericum (ein Ort im Rheinland), Dürnholz, Falkenberg (häufiger Ortsname), Heeren, Klinkenberg (beide aus NRW), Messerich (Ortsname in Rheinland-Pfalz).
Wohnstättennamen sind: Ahn (zu Ahne, einem Nebenfluss der Fulda), Backes (zu Backhaus), Bormann (zu Born, Brunnen), Bosch (zu Busch), Brück (zu Brücke), Chantraine (zu französisch chante raine, Frosch, also an einem Sumpf wohnend), Creutz, Falter (zu einem von selbst zufallenden Zauntor), Pesch (zu lat. pascuum, einem Weideplatz), Pitz (zu Pfütze), Scheuren (zu Scheuer, Scheune), Schlembach (zu Schlimmbach, einem krummen Bach).
Übernamen sind Familiennamen, die auf ein individuelles Merkmal des ersten Namensträgers zurückgehen: Bart (aus dem 12. bis 15. Jahrhundert, als man normalerweise keinen Bart trug und ein Bartträger deshalb auffallen musste), Cloot (als Schimpfname für einen ungehobelten Lümmel, nach cloot, einem Erdklumpen), Crott (zu Kröte, ein altes Schimpfwort. Im Französischen ist crotte sogar Kot!), Braun (zum braunen Haar oder zur braunen Haut), Duyster (jemand mit einem düsteren Charakter, auch ein Beiname des Teufels), Fickers (aus ficken, reiben, für jemanden, der andere gern reizt. Die obszöne Bedeutung ist nicht auszuschließen), Hagelstein (zu Hagelkorn, für einen jähzornigen Menschen), Havenith (zu Habenichts), Jungbluth (junger Mensch), Kaivers, Kever (zu Maikäfer für jemanden, der verschlafen ist), Kockartz (aus französisch coq, Hahn, und deshalb Angeber, Schwätzer), Krafft (zu kräftig), Langer (jemand, der lang, groß ist), Leffin (aus französisch le fin, für jemanden der dünn oder auch feinfühlig ist), Mockel (zu Mock, Klumpen, für jemanden, der plump und ungebildet ist), Mennicken (zu manneken, ein kleiner Mann), Neumann (ein neuer Ansiedler), Pankert (zu bankert, einem Adligen außerehelicher Abstammung), Rauw (zu rauh, für einen ungehobelten Menschen), Schlabertz (jemand, der beim Essen schlabbert oder sabbert), Zeimers (aus sigi-mêr, berühmt für seine Siege).
Bei den mehrdeutigen Namen gibt es mehrere mögliche Herkunftserklärungen: Bohn (Bohnenzüchter oder Spottname, denn die Bohne war der Inbegriff der Bedeutungslosigkeit, oder eine Verkürzung aus Alban), Bongartz (zu Baumgarten oder Herkunftsname), Brandt ( zu Hildebrand oder zu Orts- und Flurname: durch Brand gerodete Stätte), Brüll (an einem Morast wohnend oder der Ortsname Brühl), Dahmen (Ort in Mecklenburg-Vorpommern oder Verkürzung aus Adam), Dries (aus Andries oder aus dries, einem ruhenden Acker, der als Viehtrifft dient oder nach einem Ort in NRW), Egyptien (jemand aus Ägypten oder der einmal dort war oder für einen Zigeuner), Elsen (aus einer verkürzten Form von Sophie oder ein Ortsname in NRW), Freches (zu wallonisch frèch, einem nassen Ort oder zu mhd vrëch, mutig, kühn), Greven (aus Graf oder ein Ort in Westfalen), Heck (zu Hecke oder zu dem Ortsnamen Heck), Hilligsmann (für jemanden, der als heilig galt oder für ein Mitglied des Kirchenrats), Kaiser (aus einem Hausnamen 'Zum Kaiser' oder Übername für einen Angeber), Kalff (ein Fleischer oder ein dummer Mensch), Keller (ein Kellermeister oder an einem Haus mit Kaufladen wohnend oder ein Ortsname), Krings (aus Quirinus oder nach einem Ortsnamen bei Geilenkirchen), Kriescher (für jemanden, der viel kreischt, schreit oder nach einem Ortsnamen in Sachsen), Paasch (zu mhd paasche, für einen zu Ostern fälligen Zinstermin oder aus dem Heiligennamen Pascalis), Pauquet (aus franz. paquet, pochet, für einen Börsenmacher oder für jemanden, der zu Ostern geboren ist), Recker (zum Rufnamen Rikhart oder zu recken, foltern, für einen Folterknecht), Reuter (ein Bauer, der ausreutet, d.h. als erster urbar macht oder für einen Reiter, einen Ritter oder für ein urbar gemachtes Land oder zu dem Ortsnamen Reuth), Schommers (zu Schomme, einem Ort in NRW oder zu mnd. schumere für einen Landstreicher), Veithen (aus Vitus oder als Amtsname für einen Gerichtsbeamten).
Zum Schluss noch ein Aphorismus von Lichtenberg (18 Jh.): Im Wort Gelehrter steckt nur der Begriff, dass man ihn vieles gelehrt hat, aber nicht, dass er auch etwas gelernt hat. Daher sagen die Franzosen nicht enseignés, sondern savants und die Engländer nicht the taught ones, sondern the learned.
Von A wie Assent bis Z wie Zimmermann - Jetzt wird es familiär
Siegfried Theissen