Allein in Deutschland gibt es schätzungsweise über 500.000 Familiennamen. Davon findet man jedoch im Duden Familiennamen (aus dem Jahr 2005) nur 20.000. Im Dictionnaire des noms de famille en Belgique romane (Crédit Communal, 1996) stehen dagegen schon 75.000, aber die meisten hat Frans Debrabandere in seinem Woordenboek van de familienamen in België en Noord-Frankrijk (Van Veen, 2003) aufgelistet, nämlich 200.000.
Die zehn häufigsten Familiennamen im deutschen Sprachraum (Müller [Möller, Möllers, Müllender...], Schmidt [Schmitz, Schmetz], Schneider, Fischer, Meyer, Weber, Wagner, Becker, Schulz, Hoffmann) findet man natürlich auch bei uns. Im Rahmen dieses Beitrags habe ich mich auf die 150 geläufigsten Namen beschränken müssen.
Die erste Kategorie umfasst Familiennamen nach Beruf, Amt und Stand. Dazu gehören alle Namen der obigen Liste, von denen man nur einige näher erklären muss: Meyer ist der Standesname eines Oberbauern. Er stammt aus dem lateinischen maior, dem Komparativ von magnus. Ein Wagner war ursprünglich ein Wagenmacher. Wer so heißt, ist, musikalisch gesehen, in guter Gesellschaft. Hoffmann war der Standesname eines zu einem Hofe gehörigen Bauern oder eines Dieners am Hofe eines Fürsten. Schulz (dazu auch Scholzen) geht auf den Amtsnamen Schultheiß (Richter) zurück.
Zu dieser Kategorie gehören auch Assent (Achsenmacher), Bauer, Boemer (der den Schlagbaum öffnet und schließt), Breuer (Brauer), Cormann (Getreidehändler), Drösch (Drescher), Förster, Hamacher (ein Sattler, der Halsgeschirr [hame] für Zugtiere macht), Kessler (Kesselschmied), Kirschfink (vielleicht ein Vogelfänger), Kistemann (Kistenmacher), Königs (ein Schützenkönig oder der Bewirtschafter eines Königsguts), Kremer (Krämer), Küpper (ein Kupferschmied oder ein Küfer), Meesen (aus Meise, also wahrscheinlich ein Vogelfänger), Margraff (der Verwalter einer Grenzmark), Offergeld (ein Küster), Offermann (ein Kirchendiener, der das Opfer einsammelt), Ortmann (ein Schiedsmann, dessen Stimme bei Stimmengleichheit entscheidet), Pelzer (Pelzmacher), Pfeiffer (Stadtmusikant), Plumanns (Pflugmacher), Radermacher, Rosskamp (Pferdeknecht), Schäfer (Schafhirte), Schifflers (zu rheinisch schiffeln, d.h. Gräser und Sträucher verbrennen, um mit der Asche den Boden zu düngen), Schlossmacher, Schröder (Schneider, nach Mittelhochdeutsch schrôt, u.a. Schnitt der Kleider), Schuhmacher [Schubert, Schumann], Wertz (ein Gastwirt) und Zimmermann (Tischler).
In der zweiten Kategorie finden wir Familiennamen, die aus Rufnamen abgeleitet sind. Dazu gehören: Arens (Arnold), Baltus (Balthasar), Benker (Benedikt), Collas (Nikolaus), Emonts (Edmund), Ernst, Frannssen, Geelen [Gielen] (Ägidius), Gennen (Gerhard), Gilles (Ägidius), Godesar (Gottschalk), Gouder (Gottfried oder Gotthart), Grommes (über Grombertus aus Hieronymus), Halmes (über Willehalm aus Wilhelm), Hansen, Heinen, Heinrichs, Hellebrandt (Hildebrandt, d. h. wer mit dem Schwert kämpft), Henkes (über Henk aus Heinrich), Hennes [Hennen] (Johannes), Hermanns, Hilgers (aus dem alten deutschen Rufnamen Hilgert, d. h. wer mit dem Wurfspieß kämpft), Huppertz (Hubert), Johanns, Johnen (Johannes), Jost [Josten, Jousten] (aus dem altfranzösischen Namen Josse, d.h. Justus), Keutgen (über Kurt aus Konrad), Kohnen (Konrad), Lambertz, Leyens (Ludwig), Lennertz (Leonhard), Ludwigs, Lux (Lukas), Maraite (über Marette aus Marie), Melchior (einer der Heiligen Drei Könige), Mertens (Martin), Michels, Miessen (aus der letzten Silbe von Bartholomeus), Niessen [Nyssen] (Dionysius), Peters, Pirard (Peter), Reinartz (Reinhard), Reul ( Roland oder Rudolf), Sarlette (über Charlet aus Charles), Stoffels (Cristoffel), Taeter (Dietrich), Theissen (über Thies aus Matthias - die französische Entsprechung ist Mathieu), Thielen (über Thilo aus Dietrich), Thönnissen (Antonius), Weling (über Wellem aus Wilhelm), Willems, Wintgens (Winand).
Im nächsten Beitrag beschäftigen wir uns mit den Herkunfts- und Wohnstättennamen und mit den Übernamen. Da kann es lustig werden: Wenn von Crott, Kockartz oder Mockel die Rede ist, könnte es bei einigen Namensträgern Zähneknirschen geben. Aber daran ist dann nicht der Etymologe schuld, sondern ein sehr entfernter Vorfahre des Namensträgers, der sich jedoch trösten kann mit Goethes Worten aus dem "Faust": Name ist Schall und Rauch.
Zum Schluss noch einige Paradoxa:
Wenn ein farbloser Mensch es zu bunt macht.
Ein sauberes Früchtchen ist meistens ein Dreckskerl.
Wenn Liberale mit links gewinnen.
Wenn am Eingang eines Parks 'Parkverbot' steht.
Malaria kriegen in Buenos Aires (zum Nachdenken!)
Siegfried Theissen