Der singende Knabe mit Flöte – das berühmte Bild des Antwerpener Malers Frans Hals aus dem Jahr 1627. Für nur 61 Gulden hat Barthold Suermondt es 1856 erworben. Fast umsonst aus der Sicht heutiger Kunstexperten.
Als der aufstrebende Industrielle Mitte des 19. Jahrhunderts begann Kunst zusammenzutragen, hatte er bereits ein Auge für hochkarätige Werke. Sein erstes Bild: die Sicht auf Haarlem von Ruisdael aus dem Jahre 1670. Damit begann seine Jagd auf erstklassige Kunst.
"Er hat wirklich mit Geschmack und viel Kunstintelligenz gesammelt, hat auch Künstler nach vorne gehoben, die gar nicht bekannt waren. Damit hat er den Markt in seiner Zeit bestimmt, sagt Peter van den Brink, Direktor des Suermondt -Ludwig-Museums. "Deswegen war er als Sammler mehr als jemand, der nur Dekoration für sein Haus gekauft hat."
Die Ausstellung in Aachen zeigt eine Auswahl der Sammlung Suermondt mit rund 60 Gemälden und 22 Zeichnungen. Die meisten davon gehören heute der Gemäldegalerie und dem Kupferstichkabinett in Berlin sowie dem Aachener Suermondt-Ludwig Museum selbst.
Barthold Suermondt hat vor allem auf Versteigerungen und bei Privatsammlungen gekauft. Häufig reiste er dazu nach Paris und Brüssel.
"Es gab damals nicht den Kunsthandel wie heute. Es waren vor allem die großen Versteigerungshäuser in Paris, Brüssel, Amsterdam, Rotterdam, Köln oder Frankfurt. In London wurde fast gar nicht gekauft. Es hat damit zu tun, dass man reisen musste, um die Bilder anzuschauen, es gab damals keine Fotos", sagt Direktor Peter van den Brink.
Suermondt, der in Utrecht geboren wurde und fünf Sprachen beherrschte, war ein moderner Europäer. Sein Zuhause war der Aachener-Lütticher Raum. In Seraing arbeitete er für das Cockerill-Unternehmen, übernahm sogar später die Führung und heiratete auch in die Familie ein.
Peter van den Brink: "Französisch war seine erste Sprache. Er war zwar Niederländer, aber bei ihm zuhause in Utrecht wurde französisch gesprochen. In Aachen zweifelsfrei auch. Einfach weil dies die Sprache der Haute Bourgeoisie war. Er wohnte anfangs in Seraing, wo seine Arbeit war und er sein Geld verdiente. Später, als Direktor von Cockerill, wurde er der größte Stahlindustrielle in Europa! Er hatte Geld ohne Ende und hat deswegen angefangen zu sammeln - weil das ein Gentelman so macht."
Suermondt hat alle großen Namen der Kunst zusammengetragen. 1874 umfasste seine Kollektion rund 300 Gemälde und 400 Zeichnungen. Infolge der Wirtschaftskrise sah er sich gezwungen, einen Teil nach Berlin zu verkaufen. Einige berühmte Werke der Sammlung sind jetzt erstmals wieder in Aachen zu sehen. Wie zum Beispiel der alte Mann mit Bart und Barrett von Rembrandt.
Zu den hochkarätigen Bildern der Ausstellung gehört auch das Bildnis eines Mannes von Jan Gossart. Stolz sind die Kuratoren auch auf das Porträtbild von Hans Holbein oder den Mann mit Nelken, ein Bild nach Jan van Eyck.
"Er war jemand, der die Schönheit liebte. Das sieht man in seiner Sammlung. Er hat einen sehr breiten Geschmack, die Bilder sind sehr unterschiedlich. Aber er hatte wirklich Geschmack für Qualität. Mit dem, was wir hier zeigen, wird das sichtbar", sagt Direktor Peter van den Brink.
Die Ausstellung im Suermondt-Ludwig-Museum wird von einem Rahmenprogramm begleitet. Es entführt in die Zeit des Sammlers und Kunstmäzens Suermondt und gibt auch Einblick in die Welt des Kunsthandels heute.
mb