Entweder man mag sie, oder man mag sie nicht: Zeitgenössische Kunst ist nichts für Jedermann. Ein Autoreifen einer weltberühmten Marke, in dem eine versteinerte Riesenschnecke platziert ist? Ein einfarbiges Gemälde mit zwei kleinen Ausbuchtungen in der Mitte? Pistolen, die an der Ecke eines Teppichs im Kreis angeordnet sind? Ist das noch Kunst? Und wenn ja, was soll sie bedeuten?
Wer so etwas liebt, der kann sich jetzt mal wieder verführen lassen. 145 Galerien aus 28 Ländern, von Belgien bis Mexiko, von Kuba über die USA bis Singapur, stellen an drei Tagen ihre Schätze in Brüssel aus.
Am Freitag öffnet die mittlerweile 35. Art Brussels ihre Tore für das breite Publikum. Kunstmessleiterin Anne Vierstraete erklärt: "Was eigentlich besonders ist bei dieser Edition von Art Brussels, ist vielleicht das Interesse, das wirklich historische Kunstgalerien für Art Brussels gezeigt haben. Und damit meine ich Galerien, meist aus Europa, die schon 30 oder 40 Jahre im Markt tätig sind."
Anders ausgedrückt: Brüssel ist ein wichtiges Pflaster für die etablierten Galerien. Der Umzug vor zwei Jahren in die Hallen von Tour und Taxis am Rande des Brüsseler Kanals habe diese Bedeutung gefördert, sagt Vierstraete.
Denn das grundsätzliche Credo der Messe, viel Wert auf die gute Präsentation der Kunstwerke zu legen, werde durch das neue Ambiente jetzt gefördert. Deshalb habe man dieses Jahr auch lieber auf Klasse als auf Masse gesetzt.
Rediscovery
In einer Abteilung „Rediscovery“ wird Kunst aus der Zeit zwischen 1917 und 1987 gezeigt. In dem Raum "Mementos" sind private Gegenstände von bereits etablierten Künstlern zu sehen. Gegenstände, die für sie wichtig waren im Leben und bei der Gestaltung ihrer Kunst.
Doch dieser Retro-Schwerpunkt der diesjährigen Messe wird ausgeglichen von dem, wofür die Brüsseler Kunstmesse allgemein bekannt ist und wodurch sie sich von anderen Messen für zeitgenössische Kunst abhebt, erklärt Anne Vierstraete: "Wir werden erkannt als eine "Discovery Fair". So eine Messe, wo man wirklich Neues entdecken kann. Wir trauen uns unbekannte Kunst zu zeigen und auch neuere Galerien dazuzunehmen."
Discovery
Dieser ganz neuen Kunst aus den vergangenen drei Jahren ist die Abteilung "Discovery" gewidmet. Hier steht der eingangs genannte Reifen mit Muschel vor dem Stand einer Galerie aus Mexiko City. An der Wand dahinter sind geschwärzte Zeitungsseiten zu sehen, als ob der Reifen über die Blätter gefahren sei. Ein wenig weiter leuchten am Stand von Barbara Seiler aus Zürich lediglich vier Fantasienamen in Neonfarben an der Wand: "Elitopia", "Glamoglobality", "Narcynicism, "Introspeculation".
Und bei allem, was es zu entdecken gibt, sind die Belgier natürlich auch vertreten. Kein Zufall, sagt Messeleiterin Anne Vierstraete. Ebenso wenig wie die Tatsache, dass die "Art Brussels" schon so lange in Brüssel und nicht in einer anderen belgischen Stadt beheimatet sei: "Ich würde sagen, Brüssel und Belgien überhaupt ist sehr reich an jungen Künstlern. Und da das Land klein ist und dann auch die Stadt klein ist, ist es sehr einfach, miteinander in Verbindung zu sein. Und das kreiert wirklich eine ganz eigene Energie hier in Brüssel."
Text: Kay Wagner - Bild: Art Brussels