Die Truppen des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi setzen nach den jüngsten Gebietsgewinnen der Rebellen jetzt Raketen mit größerer Reichweite ein. Der US-Sender CNN berichtete in der Nacht zum Dienstag, sie hätten östlich der Stadt Sirte erstmals seit Beginn des Bürgerkrieges im Februar eine Kurzstreckenrakete vom Typ Scud abgefeuert.
Die noch aus sowjetischer Produktion stammende Rakete habe die Ortschaft Al-Brega treffen sollen. Sie habe ihr Ziel aber um gut 80 Kilometer verfehlt und sei in der Wüste explodiert.
Vor den US-Medien hatten bereits die Rebellen berichtet, die Gaddafi-Truppen hätten erstmals vom Stadtrand von Sirte aus die östliche Region Al-Brega beschossen. Libysche Beobachter vermuten, dass es in der Wüste rund um Gaddafis Heimatstadt Sirte zahlreiche geheime Waffendepots gibt.
26 Kämpfer der Rebellenarmee getötet
In Al-Brega starben am Montag nach Angaben der Oppositionszeitung "Qurayna" 26 Kämpfer der Rebellenarmee. 40 Kämpfer seien verletzt worden, hieß es am Dienstag. Die meisten von ihnen seien von Scharfschützen erschossen worden. In der Umgebung von Sabratha westlich von Tripolis sollen zwei Rebellen getötet worden sein.
Die staatlichen Medien Libyens ignorieren die militärischen Erfolge der Rebellen völlig. Die Nachrichtenagentur Jana meldete lediglich, bei einem Treffen von Stammesführern der Zentralregion in Gaddafis Heimatstadt Sirte habe man beschlossen, Waffen und Munition von den Bürgern einzusammeln, damit nicht sinnlos herumgeschossen werde. Die Waffen sollten stattdessen für den Kampf gegen die Feinde Libyens eingesetzt werden.
Während des Treffens sei außerdem über die Vorbereitungen für die Feier zum Nationalfeiertag am 1. September gesprochen worden, hieß es in dem Bericht. Am Jahrestag der Revolution von 1969, die ihn an die Macht brachte, lässt sich Gaddafi jedes Jahr mit großem Pomp feiern.
Ankunft des ehemaligen libyschen Innenministers in Ägypten
Am Montag hatte die Ankunft des ehemaligen libyschen Innenministers Nasr al-Mabruk Abdullah in Ägypten für Aufregung gesorgt. Abdullah, der zuletzt Gouverneur der inzwischen von den Rebellen kontrollierten Provinz Al-Dschabal Al-Gharbi gewesen war, flog nach Angaben ägyptischer Medien vom Dienstag in Begleitung von neun Angehörigen mit einem Privatflugzeug von Tunesien nach Kairo. Hinter den Kulissen hieß es in Tripolis, es sei wohl davon auszugehen, dass der Ex-Minister geflohen sei.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat inzwischen die Lieferung von Medikamenten an Libyen angeschoben. Das bestätigte eine WHO-Sprecherin am Dienstag in Genf. Die Niederlande hatten am Montag auf Gesuch der WHO die 100 Millionen Euro aus eingefrorenen libyschen Geldern für humanitäre Zwecke freigegeben. Mit dem Geld sollen Medikamente für die Bevölkerung in Libyen finanziert werden.
dpa/cd - Bild: vrt