Bei einer weiteren Flüchtlingstragödie im Mittelmeer nahe Kreta sind möglicherweise Hunderte Menschen ums Leben gekommen. Ein Fischkutter sei am Freitag etwa 140 Kilometer südlich der griechischen Insel gekentert, teilte die Küstenwache mit. "Wir haben bislang vier Leichen geborgen", sagte der Sprecher der Küstenwache, Nikolaos Langadianos, im griechischen Fernsehen (ERT).
340 Menschen konnten bis Freitagnachmittag gerettet werden. Griechische Medien berichteten von insgesamt bis zu 700 Migranten an Bord. Dies bestätigte die Küstenwache jedoch nicht.
An der Westküste Libyens wurden 117 Leichen angespült, die bei früheren Flüchtlingskatastrophen umgekommen sein sollen. Die meisten der Toten, die am Strand nahe der Stadt Suwara im Westen des Landes antrieben, stammten aus afrikanischen Ländern, sagte ein Sprecher des Roten Halbmondes am Freitag in Suwara. Es war zunächst nicht klar, ob sie Opfer der jüngsten Flüchtlingstragödien im Mittelmeer mit vermutlich mehr als 1.000 Toten sind.
Nach Schließung der Balkanroute versuchen internationale Schleuserbanden offensichtlich zunehmend, Migranten aus der Türkei und Ägypten nach Italien zu bringen. Havariert ein Schiff, versuchen die Menschen, das nahegelegene Kreta zu erreichen. In den vergangenen fünf Tagen waren knapp 180 Migranten auf der griechischen Mittelmeerinsel gestrandet, nachdem ihre Boote in Seenot geraten waren.
Zum gekenterten Schiff nahe Kreta sagte ein Offizier der Küstenwache der Deutschen Presse-Agentur: "Die bange Frage ist, wie viele Menschen tatsächlich an Bord des rund 25 Meter langen Kutters gewesen waren". Glaubwürdige Informationen über die Zahl der Migranten könne man zunächst von den unter Schock stehenden Schiffbrüchigen nicht bekommen, hieß es.
Die Migranten sollen von Ägypten aus gestartet sein und wollten nach Italien, hieß es aus Kreisen der Küstenwache weiter. Die meisten der geretteten Migranten sollen nun nach Italien gebracht werden. Nach dem Untergang wurden mehr als 200 Überlebende von einem Frachter aufgenommen, der nach Italien unterwegs war. Weitere Gerettete sollen an Bord anderer Frachter und eines Tankers nach Ägypten, Malta und in die Türkei gebracht werden.
Die im libyschen Suwara angespülten Leichen verteilten sich auf einen Küstenstreifen von etwa 25 Kilometer Länge, berichtete die Webseite "Migrant Report" unter Berufung auf den libyschen Halbmond. Unter den Opfern seien auch Kinder. Binnen weniger Tage waren vergangene Woche vermutlich mehr als 1000 Menschen bei dem Versuch umgekommen, mit Schlepperbooten von Nordafrika nach Italien zu gelangen.
Immer wieder starten Flüchtlinge in teilweise schrottreifen Booten von der libyschen Küste Richtung Italien. Laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) warten dort bis zu 200 000 Menschen auf die Überfahrt nach Europa.
dpa/mh