Die EU vertagt die Entscheidung über den künftigen Einsatz des Unkrautgiftes Glyphosat erneut: Bei Vertretern der EU-Staaten kam am Donnerstag in Brüssel nicht die nötige Mehrheit für oder gegen die Neuzulassung des Mittels zustande, wie EU-Diplomaten und die EU-Kommission bestätigten. Eine formale Abstimmung gab es daher nicht. Die aktuelle Zulassung gilt nur noch bis zum 30. Juni. Damit wäre nun die EU-Kommission am Zug. Tut sie nichts, läuft die geltende Zulassung aus.
Glyphosat steht im Verdacht, Krebs zu erregen. Die Wissenschaft ist in dieser Frage gespalten, Umweltschützer sind gegen das Mittel. In der Landwirtschaft und im Gartenbau wird Glyphosat vor der Aussaat zur Unkrautbekämpfung eingesetzt.
EU-Diplomaten berichteten, insgesamt seien 19 Vertreter für die Neuzulassung gewesen. Frankreich und Italien sprachen sich demnach dagegen aus. Sieben Staaten hätten sich in einer formellen Abstimmung enthalten. Eine einfache Mehrheit wäre damit zwar möglich gewesen, allerdings müsste in diesem Fall eine qualifizierte Mehrheit erreicht werden. Dabei kommt es unter anderem auf die Bevölkerungsgröße an.
Drei Optionen
Die EU-Kommission, die das Treffen leitete, hat nun drei Möglichkeiten vorgeschlagen, wie in Brüssel zu hören war. Eigentlich müsste die EU-Behörde entscheiden, wenn die Staaten sich nicht einig werden. Da es nicht zur formalen Abstimmung kam, könnte die EU-Kommission aber auch einfach nichts tun - damit liefe die geltende Zulassung Ende Juni automatisch aus. Allerdings würde für den Verkauf aktueller Bestände noch eine Übergangsfrist gelten.
Als dritte Option hat die Behörde einem Diplomaten zufolge vorgeschlagen, die geltende Zulassung bis Ende des Jahres zu verlängern, um mehr Zeit für eine Entscheidung zu gewinnen. Dies ist bereits einmal geschehen - eigentlich wäre die Zulassung bereits Ende 2015 ausgelaufen. Den Angaben zufolge sollen die EU-Staaten bis Dienstagabend zu einer erneuten Verlängerung Stellung beziehen. Auch für diesen Beschluss wäre allerdings eine qualifizierte Mehrheit nötig.
Auf dem Markt für Glyphosat deutet sich derweil eine wichtige Übernahme an: Der deutsche Chemiekonzern Bayer will sein Agrargeschäft mit dem Kauf des amerikanischen Saatgutkonzerns Monsanto stärken. Monsanto stellt neben gentechnisch veränderten Produkten auch den weltweit meistgenutzten Unkrautvernichter "Roundup" her, der Glyphosat enthält. Bayer kündigte die Absicht zur Übernahme am Donnerstagmorgen an, danach gingen die Aktien des Leverkusener Unternehmens auf Talfahrt.
dpa/mh/km - Bild: John Thys/AFP