In Europa nimmt nach Angaben von UN-Experten die Armut als Folge von Arbeitslosigkeit und nur geringfügig bezahlter Beschäftigung weiter zu. «In vielen Industrieländern können Sozialleistungen einfach nicht mehr die Einkommenslücke erwerbsarmer Menschen kompensieren», sagte der Generaldirektor der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), Guy Ryder, am Mittwoch in Genf zur Vorstellung des jüngsten Weltarbeitsmarktberichts der UN-Sonderorganisation. Seit dem Ausbruch der Weltwirtschaftskrise 2008 gäbe es in Europa immer weniger gesicherte Vollzeitstellen und mehr sogenannte Erwerbsarme.
Der Studie zufolge gelten im Durchschnitt 17,2 Prozent der EU-Bevölkerung als arm - gemessen am jeweiligen mittleren Einkommen ihrer Länder. Als arm wird dabei angesehen, wer einschließlich staatlicher Hilfeleistungen mit weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens seines Landes auskommen muss.
Demnach wäre in Deutschland jeder Zehnte trotz Arbeit als arm anzusehen, erklärte die ILO. Am besten schneide in dieser Hinsicht Dänemark ab, wo laut ILO knapp 28 Prozent der Erwerbslosen als arm gelten würden. Die Organisation stützt sich auf die Auswertung von Daten des statistischen Amtes der EU (Eurostat).
Weltweit hat Armut in Entwicklungsländern abgenommen. Die Anzahl von Menschen, die weniger als 3,10 US-Dollar pro Tag zur Verfügung haben, hat sich laut ILO in den letzten 20 Jahren halbiert. In Afrika habe sich die Lage allerdings kaum verändert, aber vielen Menschen besonders in China und Lateinamerika gehe es heute besser.
Gesichert seien diese Fortschritte aber nicht, warnt die ILO. Dafür seien weit mehr sichere und besser bezahlte Jobs erforderlich. Zurzeit entfielen auf 30 Prozent der Ärmsten der Welt nur 2 Prozent aller weltweiten Einkommen.
dpa/jp/sr - Bild: Nicolas Maeterlinck/BELGA