Mit dem Abschied von Bischof Karl Lehmann ist für das Bistum Mainz wie für die katholische Kirche in Deutschland eine Ära zu Ende gegangen. Der Vatikan nahm am Montag das Rücktrittgesuch des Geistlichen zu seinem 80. Geburtstag an, wie der Apostolische Nuntius in Deutschland, Erzbischof Nikola Eterovic, in einem feierlichen Gottesdienst im Mainzer Dom mitteilte. Der ehemalige langjährige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz hatte aus Altersgründen darum gebeten, seinen Dienst für die mehr als 700.000 Katholiken des Bistums in Hessen und Rheinland-Pfalz zu beenden.
Kardinal Lehmann gilt als einer der prominentesten Katholiken in Deutschland und Vertreter eines reformfreundlichen Kurses. Seit 53 Jahren ist er Priester, 33 Jahre lang war er Bischof, davon 21 Jahre auch Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. Der jetzt diese Aufgabe ausübende Münchener Erzbischof Reinhard Marx sagte, Lehmann habe "die Herzen der Menschen erreicht und die Kirche Deutschlands nachhaltig geprägt". Für die evangelischen Christen sagte der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung, Lehmann habe wie kein anderer die Ökumene in Deutschland ein halbes Jahrhundert lang vorangetrieben.
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz sagte bei einem Empfang zu Ehren Lehmanns, der Geistliche habe Nächstenliebe sichtbar gelebt, "während mancherorts der kalte Egoismus Konjunktur hat". Angesichts globaler Herausforderungen sei es absurd, wenn wieder darüber diskutiert werde, "ob die Renaissance des Nationalen unsere Zukunft sein könnte".
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer, beim Empfang Seite an Seite neben ihrem hessischen Kollegen Volker Bouffier, würdigte besonders, dass sich Lehmann Ende der 1990er Jahre trotz Kritik aus dem Vatikan für die Schwangerenkonfliktberatung engagiert habe: "Sie haben standgehalten und sich auf die Seite von uns Frauen gestellt." Dreyer begrüßte, dass in der katholischen Kirche jetzt zumindest ein Diakonat für Frauen erwogen werde.
Mit dem Rücktritt Lehmanns ist das traditionsreiche Amt des Mainzer Bischofs vakant. Die Suche nach einem Nachfolger mit einem komplexen Wahlverfahren mit Beteiligung des Vatikans und des Mainzer Domkapitels könnte sich durchaus ein Jahr hinziehen. Auch die Nachbardiözese Limburg hat derzeit keinen Oberhirten. Einen Wunschkandidaten für seine Nachfolge habe er nicht, sagte Lehmann in einem SWR-Interview. "Jetzt ist die Stunde des Domkapitels, nicht die des ehemaligen Bischofs." Befragt nach dem erst im Sommer 2015 ernannten Mainzer Weihbischof Udo Bentz sagte Lehmann: "Wir haben ein paar gute Leute, dazu gehört der Weihbischof, dazu gehören auch andere."
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