Bei der Parlamentswahl in Südkorea hat die konservative Partei von Präsidentin Park Geun Hye neben dem Verlust der Mehrheit überraschend auch ihre Stellung als stärkste Partei eingebüßt. Das geht nach Auszählung aller Stimmen aus den Ergebnissen vom Donnerstag hervor. Mit einer Mehrheit der Opposition in der Nationalversammlung läuft Park vor der Präsidentenwahl Ende 2017 Gefahr, für den Rest ihrer fünfjährigen Amtszeit politisch zur "lahmen Ente" zu werden. Ihre Saenuri-Partei kommt nach der Wahl vom Mittwoch auf nur noch 122 Mandate in der 300 Sitze zählenden Nationalversammlung in Seoul.
Die oppositionelle Demokratische Partei Koreas (Minjoo oder MPK) wird den vorliegenden Ergebnissen zufolge stärkste Einzelpartei mit 123 Abgeordneten. Es ist das erste Mal seit 16 Jahren, dass eine Regierungspartei ihre Mehrheit verliert.
Die neu gegründete Volkspartei erreichte bei der jüngsten Wahl 38 Sitze. Damit ist zum ersten Mal seit 20 Jahren wieder eine dritte Partei mit Fraktionsstärke in der Nationalversammlung vertreten.
Die Machtverschiebung im Parlament ist eine große Überraschung, weil die Saenuri trotz wirtschaftlicher Flaute in Asiens viertgrößter Volkswirtschaft als Favoritin in die Wahl gezogen war. Die Schlappe der konservativen Partei zeigt nach Meinung von Experten, dass die Unzufriedenheit in der Bevölkerung wegen innerparteilicher Kämpfe um Listenplätze vor der Wahl größer als erwartet war. Vor vier Jahren gewann die Saenuri mit einer knappen Mehrheit von 152 Sitzen.
Der Vorsitzende der Saenuri, Kim Moo Sung, sowie weitere führende Parteimitglieder boten ihren Rücktritt an. Er wolle als Parteiführer die Verantwortung für die Niederlage übernehmen, sagte Kim. Der Vorsitzende hatte allerdings schon Ende März erklärt, dass er unabhängig vom Wahlausgang zurücktreten wolle.
Der Ausgang entscheidet auch darüber, wie leicht die Staatschefin in ihrer restlichen Amtszeit bis zum Februar 2018 ihre Ziele mit Hilfe des Parlaments durchsetzen kann. Zu den Zielen zählt auch eine umstrittene Liberalisierung des Arbeitsmarktes. Park kann aber im Präsidialsystem Südkoreas auch gegen eine Mehrheit der Opposition regieren.
Die Wahl galt auch als wichtiger Stimmungstest vor der Präsidentenwahl im nächsten Jahr. Mit einem klaren Sieg hätte die Saenuri auf Vorteile bei der Präsidentenwahl hoffen können. Jetzt galt das Rennen zunächst als offen. Park kann sich allerdings nicht wiederwählen lassen.
Angesichts der Wirtschaftsflaute und Jugendarbeitslosigkeit standen im Wahlkampf vor allem wirtschaftliche und soziale Themen im Mittelpunkt. Zudem standen die Wahlen im Schatten erhöhter Spannungen zu Nordkorea.
Die Wahlbeteiligung lag nach Angaben der staatlichen Wahlkommission bei 58 Prozent, das ist der höchste Wert bei den Parlamentswahlen in dem Land seit zwölf Jahren. Es konnten mehr als 42 Millionen Südkoreaner wählen.
dpa/sh - Bild: Jung Yeon-Je (afp)