Nach Berichten über angeblich zweifelhafte Geschäfte des früheren UEFA-Generalsekretärs und heutigen FIFA-Chefs Gianni Infantino hat die Schweizer Bundespolizei die Zentrale der Europäischen Fußball-Union in Nyon durchsucht. Die Beamten forderten Einsicht in die Verträge zwischen der UEFA und der Briefkastenfirma Cross Trading.
Wenig später teilte die Schweizer Bundesanwaltschaft mit, wegen des "Verdachts der ungetreuen Geschäftsbesorgung und eventuell der Veruntreuung" in einem Strafverfahren zu ermitteln. Diese richtet sich derzeit allerdings nicht gegen eine konkrete Person. Es stehe "in Zusammenhang mit dem Erwerb von TV-Übertragungsrechten und richtet sich gegen unbekannte Täterschaft".
Bei der Razzia in der noblen Verbandszentrale am Genfer See und an einem weiteren unbekannten Ort sollten "Beweise sichergestellt" werden. Die UEFA, die tags zuvor noch ebenso wie Infantino in teils drastischer Wortwahl die Vorwürfe zurückgewiesen hatte, sicherte den Behörden ihre Zusammenarbeit zu. "Natürlich stellt die UEFA der Bundespolizei alle relevanten Dokumente in ihrem Besitz zur Verfügung und wird vollumfänglich kooperieren", hieß es in einer Mitteilung.
Die Süddeutsche Zeitung hatte berichtet, dass Infantino 2006 in seiner Funktion als Direktor der UEFA-Rechtsabteilung Verträge mit dem Unternehmen Cross Trading unterzeichnet haben soll, deren Eigentümer zwei der heutigen Angeklagten im FIFA-Skandal waren. Dabei ging es um Fernsehrechte. Die südamerikanischen TV-Rechtehändler Hugo und Mariano Jinkis sollen mit den Verträgen damals TV-Rechte für die Champions League erworben und diese mit hohem Gewinn in Lateinamerika weiterverkauft haben.
Keine zwei Monate nach seiner Wahl zum Nachfolger des gesperrten früheren FIFA-Chefs Joseph Blatter wurde das Versprechen Infantinos ad absurdum geführt. "Ich will eine neue Ära bei der FIFA einläuten, bei der der Fußball wieder ins Zentrum rückt", hatte der Schweizer Ende Februar gesagt. Doch nun dominiert schon wieder das Geschehen abseits des Platzes die Schlagzeilen.
Der ebenfalls durch die "Panama Papers" in Bedrängnis gebrachte Anwalt Juan Pedro Damiani aus Uruguay trat am Mittwoch aus der FIFA-Ethikkommission zurück. Er soll drei Angeklagten im FIFA-Skandal zu Offshore-Firmen verholfen haben, über die möglicherweise Fußball-Funktionäre bestochen worden sein sollen.
dpa/mh/km - Bild: Luis Acosta/AFP