Die einstige Militärdiktatur Myanmar hat nach mehr als einem halben Jahrhundert erstmals wieder eine demokratisch gewählte Regierung. Der Ökonom Htin Kyaw (69) wurde am Mittwoch im Parlament in der Hauptstadt Naypyidaw als Präsident vereidigt.
Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, die nicht für das Präsidentenamt kandideren durfte, wird "Superministerin". Die eigentliche Regierungsmacht liegt damit bei ihr. Die 70-Jährige ist nominell für das Außen-, Bildungs- und Energieministerium sowie das Präsidialbüro zuständig.
Sie hat aber betont, dass sie die Regierung führt und damit "über dem Präsidenten" stehen wird. Er soll ihren Anweisungen folgen. Htin Kyaw ist einer ihrer engsten Vertrauten. Das Konstrukt ist nötig, weil die vom Militär diktierte Verfassung ihr das Präsidentenamt verwehrt.
"Priorität der Regierung ist die nationale Versöhnung, Frieden, wirtschaftliche und soziale Entwicklung und eine Verfassung, die Demokratie und Föderalismus ermöglicht", sagte der bislang weitgehend unbekannte Htin Kyaw in seiner ersten Antrittsrede.
Suu Kyis Partei Nationalliga für Demokratie (NLD) will die Verfassung aus zwei Gründen ändern: Zum einen, weil sie Suu Kyi als Mutter von Kindern mit ausländischen Pässen nicht ins Präsidentenamt lässt, und zum anderen, weil sie dem Militär 25 Prozent der Sitze im Parlament garantiert. Das Militär hat damit allerdings eine Vetomacht gegen Verfassungsänderungen.
Die NLD hat bei den Wahlen im November 80 Prozent der verfügbaren Sitze gewonnen. Sie verfügt trotz des Militärblocks im Parlament über eine absolute Mehrheit. Im Kabinett sind aber auch Minister, die der bei den Wahlen geschlagenen militärnahen Partei USDP nahestehen. Myanmar wurde zuvor fast 55 Jahre lang von einer Militärdiktatur und einer militärnahen Regierung geführt.
dpa/cd/km - Bild: Nyein Chan Naing/AFP