Am vordringlichsten sei die Entwicklung von Diagnoseverfahren und Vorbeugemaßnahmen, um Schwangere und ihre Babys zu schützen, sagte WHO-Zika-Expertin Marie-Paule Kieny am Mittwoch in Genf.
Aktuell suchten mehr als 60 Firmen und Forschungsinstitutionen nach geeigneten Diagnoseverfahren, nach einem Impfstoff, nach Medikamenten oder nach Methoden, um die Ausbreitung der krankheitsübertragenden Moskitos (Aedes aegypti) zu verringern. Die Entwicklung eines Impfstoffs sei noch in einer frühen Phase. "Für den aktuellen Ausbruch in Brasilien kommt er wohl zu spät", sagte Kieny.
Zurückhaltend äußerten sich die WHO-Experten zum möglichen Erfolg der Mückenbekämpfung. "Bei Zika wissen wir nicht, ob das funktionieren wird", meinte Kieny. Am ehesten verspreche eine Komination von Verfahren der Moskito-Bekämpfung eine Wirkung, heißt es in dem Experten-Bericht. Da die Infektion für die meisten Menschen harmlos verlaufe, sei die Entwicklung von Medikamenten am wenigsten eilig.
"Aedes aegypti ist die Kakerlake unter den Moskitos." (Die WHO-Zika-Expertin Marie-Paule Kieny am Mittwoch in Genf zur schwierigen Bekämpfung dieser Stechmückenart)
Virus wohl gefährlicher als gedacht
Das Zika-Virus ist nach Erkenntnissen der WHO gefährlicher als bisher angenommen. "Die geografische Verbreitung ist weiter, die Risikogruppe größer und zu den Übertragungswegen gehört neben Mückenstichen auch Geschlechtsverkehr", hatte WHO-Direktorin Margaret Chan am Dienstagabend in Genf gesagt. Im Zentrum der Sorge stünden weiterhin Schwangere. Die WHO riet ihnen ab, betroffene Gebiete zu bereisen. Werdende Mütter, deren Sexualpartner in betroffenen Gegenden lebten, sollten während der Schwangerschaft nur geschützten Geschlechtsverkehr haben.
Neue Forschungen zeigten, dass der Erreger möglicherweise nicht nur als Ursache für Schädelfehlbildungen bei Neugeborenen (Mikrozephalie) gelten müsse, sondern auch eine Rolle bei anderen neurologischen Störungen spiele. "Mikrozephalie ist nur eine von verschiedenen möglichen Anomalien", sagte Chan weiter. Der Erreger könne das Gehirn von Ungeborenen angreifen. Nach Fehl- und Totgeburten sowie Abtreibungen sei das Virus im Blut, Hirngewebe und Hirnwasser nachgewiesen worden, sagte Chan.
Zika in mehr als 50 Ländern
Die WHO hatte wegen der Ausbreitung des Zika-Virus vor allem in Brasilien vor fünf Wochen den globalen Gesundheitsnotfall ausgerufen. Zika ist bisher weltweit in mehr als 50 Ländern nachgewiesen worden. Seit 2015 hat sich der Erreger rasant in Lateinamerika ausgebreitet. Er wird vor allem von bestimmten Stechmücken übertragen. Viele Infizierte erkranken nicht oder bekommen nur grippeähnliche Symptome.
Auch ohne letzten wissenschaftlichen Beweis zu Zika als Ursache für Schädelfehlbildungen gelte es zu handeln, sagte Chan. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich Zika ähnlich ausbreite wie das Dengue-Fieber. An den grippeähnlichen Symptomen von Dengue erkranken jährlich schätzungsweise 50 bis 100 Millionen Menschen.
Zika ist als Erreger seit fast 70 Jahren bekannt. Erstmals war er im Zika-Wald in Uganda bei einem Affen entdeckt worden. Solche gravierenden Folgen der Krankheit waren aber bisher unbekannt. Allein in Brasilien werden 4222 Verdachtsfälle von Schädelfehlbildungen untersucht. In 82 von 641 eindeutigen Mikrozephalie-Fällen war bei den Müttern eine Ansteckung mit Zika nachgewiesen worden.
dpa/mh/km - Bild: Helene Valenzuela/AFP