Nach neuer Kritik aus Deutschland hat die französische Ministerin Emmanuelle Cosse bekräftigt, dass das Atomkraftwerk Fessenheim noch in diesem Jahr geschlossen werde. Damit widersprach die ehemalige Chefin der französischen Grünen am Sonntag allerdings früheren Aussagen von Präsident François Hollande und Umweltministerin Ségolène Royal.
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Energieministerin Eveline Lemke hatten am Samstag nach Berichten über Störfälle in Fessenheim in einem Brief an Hollande die "sofortige Abschaltung der Hochrisiko-Atomkraftwerke Fessenheim und Cattenom" gefordert. Auch die deutsche Umweltministerin Barbara Hendricks hatte am Freitag aus Sicherheitsbedenken die Stilllegung von Fessenheim gefordert. Fessenheim ist das älteste Atomkraftwerk Frankreichs.
Lemke legte am Sonntag nach. Die angekündigte Schließung von Fessenheim reiche nicht aus. "Wir fordern jetzt auch die Überprüfung des AKW Cattenom", sagte sie am Sonntagabend der Deutschen Presse-Agentur. Auch Cattenom in der französischen Region Lothringen müsse abgeschaltet werden. Der Brief sollte einem Regierungssprecher zufolge am Samstag auf den Weg gebracht werden. Es sei unerlässlich, den Vorfall rücksichtslos aufzuklären und alle notwendigen Maßnahmen für die Sicherheit der Bevölkerung in der Region einzuleiten, hieß es darin.
Hollande hatte zuletzt verkündet, dass das Kraftwerk nahe der deutschen Grenze nicht wie ursprünglich zugesagt 2016 vom Netz gehen werde. Er begründete dies mit Verzögerungen beim Bau eines Reaktors der neuen Generation, der erst 2018 in Betrieb gehen soll. Ähnlich hatte sich auch Umweltministerin Royal geäußert, die aber betonte, das Verfahren zur Schließung werde noch in diesem Jahr beginnen.
"Der Kalender ist der, den mir der Präsident der Republik mehrmals wiederholt hat, also Ende 2016", sagte die für Wohnen zuständige Ministerin Cosse in einem Interview der Sender RTL und LCI sowie der Zeitung "Le Figaro". "Das ist das Datum."
Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" und des WDR war ein Zwischenfall im AKW Fessenheim nahe der deutschen Grenze vom April 2014 gravierender gewesen als bislang bekannt. Die französische Atomaufsicht ASN habe demnach den Vorfall heruntergespielt. Die Behörde wies am Samstag die Vorwürfe wegen des Zwischenfalls zurück.
dpa/jp/sr - Bild: Kenzo Tribouillard/AFP