Ein Kunstdieb hat aus einem Pariser Museum fünf Meisterwerke im Wert von rund 100 Millionen Euro gestohlen - darunter Bilder von Picasso, Matisse und Modigliani. Was der Täter mit seiner wertvollen Beute vorhat, ist unklar. Alle fünf Werke gelten als unverkäuflich. Die Leitung des städtischen Museums schätzte den Wert der Bilder auf rund 100 Millionen Euro. Von dem Täter fehlte zunächst jede Spur. «Ich bin schockiert und traurig», kommentierte Bürgermeister Bertrand Delanoë.
Wie dem Einbrecher der spektakuläre Coup gelingen konnte, war zunächst völlig unklar. Nach ersten Ermittlungen stieg der Mann durch ein Fenster in das Museumsgebäude in der Nähe des Eiffelturms ein. Überwachungskameras filmten den Einbrecher, eine Alarmanlage ging aber offensichtlich nicht los. Erst am frühen Donnerstagmorgen wurde das Fehlen der Bilder bei einem Rundgang bemerkt. Eine zerbrochene Scheibe und ein gewaltsam geöffnetes Vorhängeschloss ließen schnell auf einen Einbruch schließen. Über mögliche Komplizen oder Auftraggeber war zunächst nichts bekannt.
Nur das Beste
Das wertvollste gestohlene Werk ist vermutlich das kubistische Bild «Le pigeon aux petits pois» des spanischen Jahrhundert-Malers Pablo Picasso (1881-1973). Es wird auf rund 22 Millionen Euro geschätzt. Zudem packte der Täter Werke von Henri Matisse («La pastorale»), Georges Braque («L'olivier près de l'Estaque»), Amédéo Modigliani («La femme à l'éventail») und Fernand Léger («Nature morte aux chandeliers») ein. Die Tat sei ein untolerierbarer Angriff auf das kulturelle Erbe der Stadt Paris, sagte der Bürgermeister.
Ebenso unklar wie der Hintergrund der offensichtlich mangelhaften Sicherheitsmaßnahmen ist das Motiv des Täters. Auf dem Kunstmarkt sind diese Meisterwerke unverkäuflich, obwohl sich der Schätzwert zwischen einer sechs-, sieben- oder sogar achtstelligen Summe bewegt. «Kein Kunsthändler wird so bekannte Werke auf dem internationalen Markt anbieten können. Eine Möglichkeit, die Gemälde zu Geld zu machen, wäre es, das Diebesgut bei der Versicherung gegen ein Lösegeld einzutauschen», sagte der Pariser Kunstkritiker Harry Bellet der Nachrichtenagentur dpa.
Artnapping
Gestohlene Werke auf diese Weise zu Geld zu machen, wird «Artnapping» genannt. Versicherungen lassen sich auf diesen Handel ein, wenn es entweder im Interesse der polizeilichen Ermittlungen ist oder aber, wenn die Lösegeldsumme niedriger ist als der Versicherungswert. Im Gegensatz zum Louvre oder dem Musée d'Orsay ist das Musée de l'Art Moderne im schicken 16. Arrondissement kein staatliches Museum, das auf den Staat als Garanten zurückgreifen kann, sondern gehört der Stadt Paris.
Der Fall reiht sich ein in eine Serie von Kunstdiebstählen in Paris und in anderen großen Städten. Im vergangenen Jahr verschwand unter mysteriösen Umständen ein Skizzenbuch von Pablo Picasso aus dem Pariser Picasso-Museum. Vor rund drei Jahren wurden zwei Gemälde und eine Zeichnung von Pablo Picasso im Schätzwert von insgesamt 50 Millionen Euro aus der Wohnung einer Enkelin des Künstlers gestohlen. Sechs Monate später stellen französische Ermittler die Werke sicher. Am 10. Februar 2008 raubten drei bewaffnete und maskierte Männer vier Ölgemälde im Wert von umgerechnet 113 Millionen Euro aus dem Museum der Sammlung Bührle in Zürich. Darunter sind Claude Monets «Mohnfeld bei Vétheuil» und Vincent van Goghs «Blühender Kastanienzweig». Die Bilder von Monet und van Gogh tauchten einige Tage später wieder auf.
Ansgar Haase und Sabine Glaubitz (dpa) - Bild: epa