Ungarns rechtskonservativer Ministerpräsident Viktor Orban greift die Strategie der deutschen Kanzlerin Angela Merkel zur Lösung der Flüchtlingskrise frontal an. Er will die Bürger seines Landes über die von der EU beschlossenen Quoten zur Verteilung von 160.000 Flüchtlingen abstimmen lassen. In Budapest gab es kaum Zweifel an einem Nein der Ungarn zur Aufnahme von Flüchtlingen. Merkels Werben für eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge innerhalb der EU und eine europäische Lösung der Flüchtlingskrise dürfte dadurch noch schwieriger werden.
Gegenwind bekam Merkel auch aus Wien, wo Österreich und die Staaten der Balkanroute eine engere Kooperation und nationale Maßnahmen zur Senkung der Flüchtlingszahlen vereinbarten. Österreich und Balkanstaaten wollen Flüchtlingszahlen senken
Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras beschwerte sich telefonisch bei Merkel über die Teilschließung der Balkanroute, die zu einem Rückstau tausender Migranten in Griechenland führt. Tsipras erinnerte Merkel daran, dass sie und der französische Präsident François Hollande ihm am Rande des jüngsten EU-Gipfels versprochen hatten, sich dafür einzusetzen, dass die Balkanroute zumindest bis zum geplanten EU-Türkei-Migrationsgipfel offen bleiben werde. Der Gipfel ist für den 7. März geplant, bestätigte EU-Ratspräsident Donald Tusk. Dabei soll es erneut um eine Reduzierung der Flüchtlingszahlen gehen.
In Griechenland, das seine Seegrenze zur Adria nicht effektiv schützen kann, stauten sich deshalb immer mehr Flüchtlinge. Pro Tag kommen etwa 2.000 neue Migranten aus der Türkei an. An der mazedonischen Grenze abgewiesene Migranten irrten in den Städten, auf Fernstraßen und an der Grenze herum. Die Regierung in Athen schien überfordert, und Hilfsorganisationen warnen: Das Land könne die Last kaum stemmen. Der Chef des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR), Filippo Grandi, sagte die Hilfe der Vereinten Nationen zu.
Die Teilschließung der Balkanroute verstoße gegen internationales und EU-Recht, hatte der EU-Flüchtlingskommissar Dimitris Avramopoulos kritisiert. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker betonte jedoch, er wolle den Streit mit Österreich nicht eskalieren lassen.
Orban sagte zur Begründung des Referendums: "Bis jetzt hat niemand die Menschen in Europa gefragt, ob sie die verpflichtende Quote zur Zwangsansiedelung von Migranten haben wollen oder ob sie das ablehnen", sagte er. Derartige Quoten festzulegen, ohne die Bürger zu befragen, komme einem "Machtmissbrauch" gleich, fügte er hinzu.
Jedoch hat kein anderes EU-Land ein Referendum über die Verteilung der Flüchtlinge angekündigt. Orban fährt eine Politik der weitgehenden Abschottung gegenüber Flüchtlingen, die von fremdenfeindlichen Kampagnen begleitet wird. Die EU-Quote für Flüchtlinge hatte er von Anfang an abgelehnt.
dpa/mh/sr - Bild: Attila Kisbenedek/AFP