Der Zuspruch für die Weltausstellung in Shanghai enttäuscht die Organisatoren. Seit der Eröffnung am 1. Mai kamen mit gut drei Millionen Menschen gerade mal halb so viele Gäste wie ursprünglich erwartet. Über sechs Monate sollten es eigentlich 70 Millionen werden, womit die Hafenmetropole den historischen Rekord von 1970 im japanischen Osaka mit 64 Millionen übertreffen wollte.
Um jedoch die «größte Expo aller Zeiten» zu werden, wären täglich im Schnitt aber 380.000 Besucher nötig - doppelt so viel wie bisher. Doch die langen Schlangen bei hochsommerlichen Temperaturen und die Preise lassen viele potenzielle Besucher zurückschrecken.
Was kostet der Spaß?
Die von der internationalen Expo-Dachorganisation festgelegten Eintrittspreise sind mit 160 und 200 Yuan (18 und 23 Euro) pro Person - je nach Besuchstag - für chinesische Einkommensverhältnisse vergleichsweise hoch. Und ein Tag reicht bei weitem nicht. So steigen die Kosten noch, wenn zusätzlich Ausgaben für Unterkunft und Verpflegung in Kauf genommen werden. «Ich könnte problemlos drei Tage hier sein und hätte noch längst nicht alles gesehen», sagte ein Shanghaier Student. «Es ist so viel.»
Um mehr Besucher anzulocken, haben die Organisatoren jetzt den Ticketverkauf vereinfacht und auf Supermärkte und Verkaufsstellen für Bahnfahrkarten ausgedehnt. Außerdem bekommt jeder Shanghaier Haushalt eine kostenlose Eintrittskarte: Die Verteilung von sieben Millionen Geschenkpaketen mit einer Fahrkarte für den öffentlichen Nahverkehr im Wert von 200 Yuan (23 Euro), einem Dankesbrief, einer Landkarte vom Expo-Gelände und einem Abzeichen mit dem Maskottchen «Haibao» als Souvenir begann an diesem Wochenende.
Teilnehmerrekord
Es bleibt bislang aber genug Platz auf dem bisher größten Expo-Gelände. Das erstreckt sich auf beiden Seiten des Huangpu-Flusses über gut fünf Quadratkilometer. Die Organisatoren setzen ihre Hoffnung jetzt auf die Sommerferien, wenn viele Studenten erwartet werden und die Zahlen anschwellen könnten. Wenn es aber mit dem Besucherrekord nichts wird, werden sich die Shanghaier mit dem Teilnehmerrekord zufriedengeben müssen: Mit rund 250 Ländern und Organisationen sind es mehr als je zuvor. Keiner wollte die Chance zur Selbstdarstellung im größten Wachstumsmarkt der Erde verpassen.
Warteschlagen
Unter dem Expo-Thema «Eine bessere Stadt, ein besseres Leben» geht es zwar um nachhaltige Stadtentwicklung. Eines der größten Probleme von Großstädten, nämlich die Verstopfung, Übervölkerung und Staus, bewältigen die Aussteller indes nicht. Über alles wurde nachgedacht: Die Präsentationen sind «erlebbar und interaktiv». Es gibt Exponate zum Anfassen oder Riechen. Doch an der Frage, wie die erwarteten Menschenmassen möglichst schnell durchgeschleust werden können, ohne stundenlang anstehen zu müssen, sind fast alle Pavillons gescheitert.
Keine Firmenausflüge
Vielleicht drückt aber auch eine Anordnung von Regierungschef Wen Jiabao die Besucherzahlen. Er soll verfügt haben, dass die großen Staatsbetriebe ihre Mitarbeiter nicht auf Firmenkosten zur Expo schicken dürfen - sonst eine beliebte Praxis in China. Knapp die Hälfte der 33 Millionen reservierten Tickets soll an solche Arbeitseinheiten (Danwei) gegangen sein. «Jetzt traut sich keiner mehr», heißt es in ausgedehnten Online-Diskussionen über die Anweisung, die offiziell niemand bestätigen wollte.
Andreas Landwehr (dpa) - Bild: epa