In der Flüchtlingskrise muss die EU aus Sicht der türkischen Regierung höhere Finanzhilfen als die bislang versprochenen drei Milliarden Euro einkalkulieren. «Wir betteln nicht um Geld von der EU», sagte Ministerpräsident Ahmet Davutoglu der Deutschen Presse-Agentur in einem Exklusiv-Interview. «Aber wenn es einen ernsthaften Willen gibt, die Last zu teilen, dann müssen wir uns hinsetzen und über alle Einzelheiten der Krise sprechen.»
Vor den ersten deutsch-türkischen Regierungskonsultationen am Freitag in Berlin fügte er hinzu: «Drei Milliarden Euro sind nur dazu da, den politischen Willen zur Lastenteilung zu zeigen.»
Die Türkei ist das wichtigste Transitland für Flüchtlinge besonders aus Syrien, die in die EU kommen. Die EU hat der Türkei drei Milliarden Euro für die syrischen Flüchtlinge im Land zugesagt. Bereits über die Finanzierung dieser Summe gibt es unter den Mitgliedstaaten aber Streit.
Davutoglu sagte in dem Interview im schweizerischen Davos vor seiner Abreise nach Berlin: «Wir exportieren keine Krise, die Krise ist in die Türkei exportiert worden. Jetzt ist es eine europäische Krise geworden. Wir haben 2,5 Millionen Flüchtlinge in der Türkei aus Syrien, 300.000 weitere aus dem Irak.»
Die Türkei habe umgerechnet fast neun Milliarden Euro für die Flüchtlinge ausgegeben. «Niemand kann von der Türkei erwarten, die gesamte Last alleine zu tragen», sagte Davutoglu.
Zuversichtlich zeigte sich der Ministerpräsident, dass die Türkei in der Zukunft der EU beitreten wird - auch wenn die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel vor wenigen Tagen sagte, dem Land stehe dafür noch ein weiter Weg bevor. «Es hat in den EU-Türkei-Beziehungen in den letzten drei Monaten ein sehr positives Momentum gegeben», sagte Davutoglu. «Und ich bin sicher, am Ende dieser ganzen Verbesserungen wird die Türkei eines Tages ein Mitglied der EU sein.»
dpa/est/jp - Bild: Fabrice Coffrini (afp)