Ein überraschender Besuch des indischen Premierministers Narendra Modi beim Erzfeind Pakistan hat viel Beifall ausgelöst. Analysten auf beiden Seiten der umkämpften Grenze hoffen auf eine Wiederbelebung des Friedensprozesses.
Die beiden Atommächte sind seit der Unabhängigkeit von britischen Königreich verfeindet und führten drei Kriege gegeneinander. Modis Besuch reihe sich ein in eine Serie intensiver Begegnungen in diesem Monat, schreibt die indische Zeitung "Asian Age" am Sonntag.
Modi hatte auf dem Rückweg von einer Reise nach Russland und Afghanistan am Freitag überraschend einen Zwischenstopp in Pakistan eingelegt. Er habe einen "freundlichen Abend" in Lahore mit Pakistans Premierminister Nawaz Sharif verbracht, erklärte Modi.
Die beiden umarmten sich kräftig, hielten sich an der Hand und tranken Tee. Auf das Treffen sollen im Januar Gespräche der Top-Diplomaten der beiden Länder in Islamabad folgen.
Der Besuch sei eine "entzückende Überraschung", schreibt die pakistanische Zeitung "Dawn". Fast zwölf Jahre lang hätten sich indische Premiers aus Pakistan ferngehalten - das seien zwölf Jahre zu viel gewesen. Sharif war im Mai 2014 einer Einladung Modis gefolgt, dessen Amtseinführung in Neu Delhi beizuwohnen. Seitdem ging es in der Beziehung auf und ab: Mal wurden Treffen anberaumt, dann wurde an der Grenze wieder scharf geschossen.
Modis Besuch sei ein "brillanter diplomatischer Streich", urteilt der indische Schriftsteller Kiran Nagarkar. Politiker verschiedener Parteien in Indien und Pakistan lobten das Treffen ebenso wie die Vereinigten Staaten und die Vereinten Nationen.
Eine Stunde lang sprach Modi mit Sharif in dessen Haus in der nordostpakistanischen Stadt Lahore. Dort fand gerade die Hochzeit von Sharifs Enkelin statt; außerdem wünschte Modi seinem Amtskollegen alles Gute zum 66. Geburtstag. Es gebe eine "persönliche Verbindung" zwischen den beiden, erklärte Indiens Außenamtssprecher Vikas Swarup.
Die letzten umfassenden Bemühungen um einen Frieden gab es 2004. Doch dann führten 2008 pakistanische Extremisten die Bombenanschläge im indischen Mumbai aus, bei denen 166 Menschen starben. Neu Delhi wirft Islamabad vor, den Hintermännern Unterschlupf zu gewähren.
Modi und Sharif hätten vereinbart, die Beziehungen wieder zu stärken, sagte der pakistanische Außenminister Aizaz Ahmad Chaudhry. Die mächtige pakistanische Armee äußerte sich zunächst nicht. Bisher stand sie jeder Annäherung der Regierungen Indiens und Pakistans misstrauisch bis ablehnend gegenüber.
Indien und Pakistan sind seit einem Monat auf Annäherungskurs. Den Anfang machte ein Handschlag von Modi und Sharif bei der Pariser Klimakonferenz Ende November. Dann trafen sich Sicherheitsberater beider Länder in Bangkok. Vor zwei Wochen vereinbarte Indiens Außenministerin Sushma Swaraj ih Islamabad, die nach der Terrorserie in Mumbai ausgesetzten Friedensgespräche wieder aufzunehmen.
Die Politik beider Länder bleibt aber zweideutig. Wenige Stunden vor seinem Treffen mit Sharif hatte Modi in Kabul eine Bemerkung gemacht, die als Seitenhieb auf Pakistan verstanden werden kann. Er sagte, dass es Afghanistan bessergehen werde, sobald die "Kinderstuben des Terrorismus" geschlossen würden. Pakistan wird vorgeworfen, den Terrorismus in Afghanistan zu fördern.
In Kabul eröffnete Modi das von Indien finanzierte Parlamentsgebäude. Er übergab auch drei Kampfhubschrauber russischer Bauart. Zuvor waren indische Spenden auf Material beschränkt gewesen, das nicht im Kampf genutzt werden kann, weil Pakistan es als Provokation empfindet, wenn ein Nachbarland aufgerüstet wird.
dpa/rkr - Bild: AFP/PID