Die Zahl der neu in die Bundesrepublik einreisenden deutschstämmigen Aussiedler hat sich im dritten Jahr in Folge erhöht. Im bundesweit einzigen Aufnahmelager Friedland bei Göttingen sind 2015 nach vorläufigen Zahlen rund 6.000 Aussiedler eingetroffen. Dies seien einige Hundert mehr als im Vorjahr, als 5674 Aussiedler ankamen, sagte der Leiter der Einrichtung, Heinrich Hörnschemeyer. 2013 waren es nach seinen Angaben noch 2.490 Personen.
Das Statistische Bundesamt, dessen Angaben auf Erhebungen des Bundesverwaltungsamtes basieren, kommt auf abweichende Zahlen. Im Jahre 2014 waren es demnach 4215 Aussiedler, 2013 lag die Zahl bei 2160. Die Differenz kommt laut Hörnschemeyer durch unterschiedliche Erfassungsmethoden und -zeitpunkte zustande. "Wir zählen Personen, wenn sie im Lager Friedland mit einem Aufnahmebescheid ankommen." In der Regel dauere es etwa zehn Tage, bis die Neuankömmlinge einen Registrierschein erhalten. Erst dann würden sie vom Bundesverwaltungsamt erfasst - zum Jahresende hin könne es dadurch Abweichungen geben.
Außerdem werden in Friedland nicht nur die Deutschstämmigen selbst sowie ihre Ehegatten und Angehörigen als "Aussiedler" gezählt, sondern auch sogenannte sonstige Familienangehörige. "Das sind beispielsweise Stiefkinder und Ehegatten von mitgereisten erwachsenen Kindern, die später häufig ihren Ausländerstatus behalten", erklärte Hörnschemeyer. Diese werden beim Bundesverwaltungsamt nicht als Aussiedler in der Statistik geführt, wie eine Sprecherin der Behörde bestätigte.
Die meisten Aussiedler kommen wie in den Vorjahren aus Russland und Kasachstan, sagte Hörnschemeyer. Ein kleinerer Teil stamme aus Kirgistan und der Ukraine. Die meisten Einreisenden haben bereits Verwandte in der Bundesrepublik. Im Gegensatz zu früheren Jahren müssen Aussiedler bereits im Herkunftsland in einer Prüfung nachweisen, dass sie über Grundkenntnisse der deutschen Sprache verfügen.
Im Jahr 1990 hatte die Zahl der Aussiedler in Deutschland mit knapp 400.000 einen Rekord erreicht. Danach war sie kontinuierlich gesunken. Im Jahre 2012 hatte es den absoluten Tiefststand gegeben: Damals zählte man in Friedland 1.800 Neuankömmlinge, laut Statistischem Bundesamt wurden 1.528 erfasst. Seit einer Änderung des Bundesvertriebenengesetzes im Herbst 2013 steigt die Zahl jedoch wieder. Grund ist die Erleichterung des Nachzuges von Familienangehörigen.
Das Lager Friedland ist für die Aufnahme von rund 700 Menschen konzipiert. In diesem Jahr war die Einrichtung wegen der vielen Flüchtlinge teilweise vierfach überbelegt. Die Zahl der Asylbewerber, die in diesem Jahr im Lager Friedland das Aufnahmeverfahren durchlaufen, liegt laut Leiter Hörnschemeyer mit etwa 20.000 deutlich höher als die der Aussiedler.
dpa/rkr - Bild: Uwe Zucci (epa)