Wie in einem Kriegsgebiet sieht es aus, sagen Augenzeugen in Bangkok. Vor den längst geschlossenen Fünf-Sterne-Hotels mitten in der thailändischen Metropole liegt Stacheldraht. Vor den einst glitzernden Einkaufszentren, wo Touristen und reiche Einheimische bis vor zwei Monaten noch Edelkaffee schlürften, haben die Demonstranten Steine und Molotowcocktails angehäuft. Barrikaden aus Autoreifen versperren die Straße. Hinter dem Zierzaun eines Parks kauern Soldaten mit Gewehren im Anschlag. Die Armee ist mit Großaufgebot auf den Straßen.
Immer wieder peitschen die Gewehrsalven durch die Luft. Die Soldaten schießen nur mit Gummigeschossen, versichert die Regierung. Die Verletzten mit Schusswunden, darunter der Reporter eines französischen Fernsehsenders und einer der Protestanführer, der einen Kopfschuss erlitt, beweisen anderes. Wer diese Schüsse abgefeuert hat, ist aber unklar. Unter den Demonstranten sind Provokateure am Werk, sagen die Sicherheitskräfte.
Wie konnte es soweit kommen?
Wie die moderne Metropole so im Chaos versinken kann, ist für Thailand-Fans schwer zu begreifen. Die anfängliche Toleranz für die Demonstranten, die friedlich gegen die Regierung protestierten, galt noch als versöhnliche Geste. Regierungschef Abhisit Vejjajiva hat immer betont, dass in Thailand jeder seine Meinung äußern kann, auch gegen die Regierung. Doch stürmten die Rothemden dann das Geschäftsviertel, zwangen Läden zur Schließung, vertrieben Touristen. Aber die Sympathie vieler Bangkoker, vor allem aus den ärmeren Schichten, schwand nicht. Selbst in den Reihen der Polizei war spürbar, dass viele im Herzen auf der Demonstrantenseite standen.
So waren die Versuche, die Proteste aufzulösen, immer heikel und letztlich halbherzig. Am 10. April endete eine solche Aktion tragisch: 25 Menschen kamen in einer Nacht ums Leben, 800 wurden verletzt. Dann zogen sich die Truppen unverrichteter Dinge zurück.
Eine gespaltene Gesellschaft
Die Wurzel des Übels liegt tiefer: in einer Spaltung der Gesellschaft, die der 2006 gestürzte Ministerpräsident Thaksin Shinawatra jetzt aus dem Exil auch noch schürt. Er stilisiert die Auseinandersetzung als Kampf zwischen einem armen David - den bäuerlichen Massen vom Land - gegen den reichen Goliath - die alten Bangkoker Eliten.
Der Milliardär steht auf der Seite der armen Massen, die er mit Krankenversorgung und Mikrokrediten in seiner Amtszeit zu seinen treuesten Anhängern gemacht hat. Nur eine Kapitulation der Regierung, die von Gnaden der alten Eliten im Amt ist, dürfte ein blutiges Desaster noch verhindern können, glauben Beobachter.
Christiane Oelrich (dpa) - Bild: epa