Mit einem Streich hat die FDP gleich zwei Varianten im nordrhein-westfälischen Koalitionspoker vom Tisch gewischt. «Die Ampel und Jamaika sind keine Koalitionsoptionen mehr.» Die Entscheidung von FDP-Landesparteichef Andreas Pinkwart landete am Freitagmittag als Pressemitteilung in den Redaktionsbüros. Die FDP hat die Pokerrunde verlassen. Damit sind in NRW nur noch Rot-Rot-Grün oder eine große Koalition möglich.
Erst wenige Minuten zuvor hatten SPD-Landesparteichefin Hannelore Kraft und die Vorsitzende der Grünen-Landtagsfraktion Sylvia Löhrmann vor laufenden Kameras ihre Einladungen zu Sondierungsgesprächen an FDP und Linkspartei untermauert. Doch genau das besiegelte das Ende der «Ampel» fünf Tage nach der Landtagswahl, bevor sie auch nur zart aufleuchten durfte. «Dem Angebot von SPD und Grünen fehlt offensichtlich jede Ernsthaftigkeit, sonst wäre nicht am selben Tag auch eine Einladung an die Linkspartei erfolgt», begründete Pinkwart seine Entscheidung.
Nicht wirklich eine Überraschung
Überraschend kam sie nicht. Ohnehin hatte die NRW-FDP schon per Parteitagsbeschluss eine Koalition mit SPD und Grünen klar ausgeschlossen. Damit war die Manövriermasse nach dem Patt bei der Landtagswahl für die bislang mit der CDU regierende FDP gering. Allerdings meinten Beobachter in den vergangenen Tagen Meinungsunterschiede im Landesverband ausgemacht zu haben, vor allem zwischen Parteichef Pinkwart und Fraktionschef Gerhard Papke.
Papke vermeldete schon am Donnerstag: «Keine Gespräche über Ampel». Die Öffentlichkeit ließ er wissen: «Die FDP wird einer Linksregierung als klare und wirksame Opposition entgegentreten.» Vier Stunden später folgte der Landesparteichef mit einer moderateren Version: «SPD und Grüne müssen Linksbündnis ausschließen.»
Was sagt Guido?
Eine nicht unwesentliche Rolle beim Abstecken der Positionen dürfte Bundesparteichef Guido Westerwelle gespielt haben. Der machte in den vergangenen Tagen mehrfach deutlich, was er von einer Ampel hält: «Wir sehen keine ausreichende Schnittmenge.»
Eine rot-gelb-grüne Regierung in Düsseldorf hätte die schwarz-gelbe Bundesregierung in eine unkomfortable Situation gebracht: Bei strittigen Themen hätte sie im Bundesrat keine Unterstützung aus NRW gehabt. Als kleinster Juniorpartner wäre die FDP im Land gezwungen gewesen, rot-grüne Blockaden gegen schwarz-gelbe Pläne im Bund zumindest zähneknirschend mitzutragen.
Spaß an der Opposition?
Dem bisherigen Vize-Ministerpräsidenten und Innovationsminister Pinkwart dürfte der Abschied vom politischen Gestalten schwerer fallen als dem Parlamentarier Papke. Während der fünf Jahre schwarz-gelber Regierung in Düsseldorf hatte sich Pinkwart auch bei Konflikten in der Koalition eher als Moderator erwiesen.
Papke dagegen brachte sich immer wieder als streitlustiger Hüter der reinen freidemokratischen Lehre ins Spiel. So heizte er der CDU ordentlich ein bei strittigen Themen wie Staatshilfen für Opel, mehr Geld für Hartz-IV-Empfänger, Verkauf der WestLB oder Schulpolitik. Nach fünf Jahren Koalitionsdisziplin darf Papke eine gewisse Lust an ungehemmter Oppositionsarbeit durchaus unterstellt werden.
Da half auch Krafts Appell am Freitag nichts mehr: «Ich hoffe, dass sich die FDP ihrer liberalen Tradition und demokratischen
Verantwortung nicht entzieht und sich Gesprächen mit den demokratischen Parteien nicht verweigert.» Zu diesem Zeitpunkt war die Mitteilung der FDP schon unterwegs.
Wo ist die CDU?
Während die Linkspartei die Einladung der SPD für Gespräche am kommenden Donnerstag oder Freitag bestätigte, ist die NRW-CDU völlig von der Bildfläche verschwunden. Sondierungsgespräche der zwar abgewählten, aber dennoch stimmenstärksten Partei seien derzeit nicht geplant, sagte eine CDU-Sprecherin. «Wir warten ab.» Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) macht sich in der Öffentlichkeit rar. «Er ist in der Staatskanzlei bei der Arbeit», versicherte die Sprecherin.
Derweil beginnen Spitzenvertreter der Linkspartei über die Medien Hürden gegenüber Rot-Grün abzubauen. Sowohl eine Verstaatlichung der Energiekonzerne als auch der Übergang zu einer 30-Stunden-Woche seien von einer Landesregierung allein gar nicht zu leisten, sagte der designierte Linke-Vorsitzende Klaus Ernst dem Südwestrundfunk. «Ich bin da vorsichtig in der Bewertung», sagte Kraft im Tagungsraum «Motivation». Zuvor hatten SPD und Grüne im Saal «Vision» ihre Gemeinsamkeiten abgesteckt.
Bettina Grönewald (dpa) - Bild: epa