Um das Sondertreffen der EU-Innenminister in Brüssel gebeten hatte Frankreich – bereits am Tag nach den Anschlägen. Ganz oben auf der Wunschliste des französischen Innenministers Bernard Cazeneuve: die Speicherung von Fluggastdaten, Maßnahmen gegen den Waffenschmuggel und mehr Kontrollen an den Grenzen.
Die europäischen Außengrenzen müssten besser geschützt werden, Frontex bedeutend mehr Mittel erhalten. Aber auch zwischen den EU-Staaten müsse es mehr Kontrollen geben, denn Terroristen machten vor Landesgrenzen nicht Halt. Cazeneuve kann für seine Forderungen auf viel Unterstützung rechnen. Überhaupt müsse Europa jetzt handeln, meint der luxemburgische Innenminister Etienne Schneider.
Handlungsbedarf besteht beispielsweise bei der Speicherung von Fluggastdaten – in der Akte gibt es seit Monaten keine Bewegung, da das europäische Parlament wegen Datenschutzbedenken auf die Bremse drückt. Belgien prescht jetzt vor und will die Daten der Reisenden in den Flughäfen und internationalen Zügen zur Not im Alleingang sammeln. "Es wäre natürlich besser, wenn wir das auf europäischer Ebene hinbekommen", sagt Innenminister Jan Jambon. Durch das sogenannte PNR-System werden die Bewegungsdaten der Passagiere erfasst. Die Behörden können Verdächtige dadurch besser überwachen, wissen stets wohin sie reisen. Knackpunkt ist die Dauer der Speicherung.
Auch die Geldkanäle und Finanzierungswege der Terrorgruppen wollen die Innenminister erschweren beziehungsweise einfrieren. Die größten Probleme gibt es beim Austausch von Informationen. Die meisten Paris-Attentäter waren den Sicherheitsbehörden in ihren Heimatländern bekannt, konnten dennoch ungestört durch Europa reisen. Das gilt auch für den mutmaßlichen Drahtzieher der Anschläge, dem inzwischen getöteten Belgier Abdelhamid Abaaoud. Vermutet wurde er in Syrien. Mittlerweile ist aber klar, dass er ungehindert nach Europa einreisen konnte.
Zur besseren Bekämpfung des Terrorismus hat EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos den Aufbau eines europäischen Geheimdienstes gefordert. Beim Sondertreffen der EU-Innen- und Justizminister in Brüssel sagte Avramopoulos, jetzt sei der Moment, um die Basis für die Schaffung eines europäischen Geheimdienstes zu legen. Dieser Vorschlag ist allerdings höchst umstritten, da die Geheimdienstarbeit in die nationale Kompetenz der EU-Staaten fällt.
Dritte Leiche in erstürmter Terroristen-Wohnung gefunden
In der von der Polizei erstürmten Wohnung der Pariser Terroristen ist eine dritte Leiche entdeckt worden. In der Nacht sei im Vorort Saint-Denis die Leiche einer Frau gefunden worden, gab die Staatsanwaltschaft am Freitag bekannt. Die Identität der Frau sei noch nicht bekannt.
In einer Handtasche wurde nach den Angaben ein Ausweis auf den Namen Hasna Aitboulahcen gefunden, der Cousine des mutmaßlichen Hintermanns der Anschläge, Abdelhamid Abaaoud, die sich am Mittwoch bei dem Polizeieinsatz im Pariser Vorort Saint-Denis selbst in die Luft gesprengt hatte. Der 28-Jährige war ebenfalls bei dem Einsatz am Mittwoch ums Leben gekommen. Bei dem Polizeieinsatz hatten Spezialkräfte acht Menschen festgenommen.
Die Polizei hat jetzt ein Familienmitglied der Selbstmordterroristin Hasna Aitboulahcen ins Visier genommen. Bei der gesuchten Person handelt es sich um einen Verwandten aus Maasmechelen, der seitdem verschwunden ist. Auch der Wagen des Mannes ist unauffindbar. Die Polizei befürchtet, dass der Mann sich rächen wolle, berichten flämische Medien.
In Frankreich soll am nächsten Freitag mit einer zentralen Zeremonie der Opfer der Terroranschläge gedacht werden. Das teilte der Elysée-Palast mit. Die Trauerfeier soll im Hof des "Hotel des Invalides" stattfinden. (belga/dpa/est/rkr)
Alain Kniebs - Bild: Emmanuel Dunand (afp)