Nach den verheerenden Terroranschlägen von Paris bittet Frankreich als erster EU-Staat überhaupt offiziell um Beistand der übrigen Mitgliedstaaten. Es geht dabei auch um militärische Unterstützung, um den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien und im Irak zu verstärken, erklärte Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian am Dienstag in Brüssel. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini sagte, die EU habe dazu "einstimmig ihre Bereitschaft erklärt".
Zehn französische Kampfjets griffen am Morgen erneut den IS in Syrien an. In Frankreich gab es nachts weitere Razzien in 128 Wohnungen. Landesweit sind nach Regierungsangaben 115 000 Polizisten und Soldaten im Einsatz. Die französischen Behörden fahnden nach weiteren Komplizen der sieben getöteten Angreifer, die am Freitagabend in Paris mindestens 129 Menschen getötet hatten. Premierminister Manuel Valls sagte im Sender France Inter, Frankreich sehe sich sowohl einer Bedrohung von innen als auch von außen gegenüber: "Wir können jederzeit weitere Angriffe erleiden."
Die Pariser Polizei stellte ein Auto sicher, das nach AFP-Informationen aus Polizeikreisen möglicherweise bei der Vorbereitung der Terroranschläge genutzt wurde. Der schwarze Renault Clio mit belgischer Zulassung löste am einen Polizeieinsatz am Platz Albert Kahn im 18. Stadtbezirk (Arrondissement) aus, wie Medien berichteten.
Die belgische Polizei veröffentlichte ein neues Fahndungsfoto des gesuchten Terrorverdächtigen Salah Abdeslam. Er könne schwer bewaffnet sein, hieß es. Der 26-Jährige aus Brüssel ist zur Fahndung ausgeschrieben. Der Mann war nach Informationen des Innenministeriums in Wien am 9. September aus Deutschland kommend mit zwei Begleitern nach Oberösterreich eingereist.
US-Außenminister John Kerry kündigte nach einem Treffen mit Präsident François Hollande in Paris, sein Land werde die Angriffe auf die Terrormiliz IS verstärken. Es gehe darum, "sie im Kern zu treffen". Hollande selbst will eine Allianz der Weltmächte gegen den IS schmieden. Er hatte am Montag angekündigt, den UN-Sicherheitsrat anzurufen. Kommende Woche will er mit US-Präsident Barack Obama und Kremlchef Wladimir Putin über eine gemeinsame Strategie sprechen.
Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sagte zu der französischen Bitte um EU-Beistand, ihre Regierung werde aufmerksam analysieren, worum es geht. "Selbstverständlich ist, dass wir alles in unserer Macht Stehende tun werden, um Hilfe und Unterstützung zu leisten." Verteidigungsminister Le Drian erklärte, es gehe entweder um eine direkte Unterstützung in Syrien und im Irak oder um eine Entlastung französischer Streitkräfte in anderen Krisenregionen, etwa in Afrika. "Frankreich kann nicht alles machen", sagte er.
In Artikel 42 Absatz 7 des EU-Vertrages heißt es: "Im Falle eines bewaffneten Angriffs auf das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats schulden die anderen Mitgliedstaaten ihm alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung (...)." Zehn französische Kampfjets warfen um 01.30 Uhr (MEZ) insgesamt 16 Bomben auf die IS-Hochburg Al-Rakka ab, Ziele waren ein Kommandozentrum und ein Ausbildungszentrum. Am Donnerstag soll der Flugzeugträger "Charles de Gaulle" ins östliche Mittelmeer verlegt werden, um die Schlagkraft zu verdreifachen, wie Hollande erläutert hatte. Frankreich hätte dann 36 Militärflugzeuge in der Region. Die Luftwaffe des Landes fliegt bereits seit September 2014 als Teil einer US-geführten Koalition Angriffe gegen IS-Stellungen im Irak und seit etwa zwei Monaten auch in Syrien.
Der britische Premierminister David Cameron will die militärischen Spezialkräfte mit Milliarden-Investitionen im Anti-Terror-Kampf stärken. Innerhalb der nächsten fünf Jahr sollen zusätzlich zwei Milliarden Pfund (2,8 Milliarden Euro) investiert werden, kündigte er an. Cameron reagierte damit auf die Terroranschläge von Paris. Zugleich verglich er den Kampf gegen den Terrorismus mit dem Kampf der Briten gegen Adolf Hitler im Zweiten Weltkrieg. Weltweit stieg die Zahl der Terroropfer 2014 sprunghaft an. Nach Angaben des in London ansässigen Instituts für Wirtschaft und Frieden kamen im vergangen Jahr über 32 650 Menschen durch Terroranschläge ums Leben. Das seien rund 80 Prozent mehr als im Jahr zuvor - der stärkste Anstieg an Terroropfern, der jemals gemessen wurde.
dpa/cd - Bild: Ludovic Marin (afp)