Nach den Terroranschlägen in Paris suchen die französischen Ermittler nach möglichen weiteren Tätern und Hintermännern. Die Polizei hat ein zweites Auto der Attentäter östlich von Paris gefunden. Nach Einschätzung der Ermittler bedeutet das, dass einem der drei Terrorkommandos die Flucht gelungen ist, berichtete der französische Sender Europe 1 am Sonntag.
Sechs Angehörige eines der Selbstmordattentäter aus dem Pariser Konzertsaal "Bataclan" sind nach Angaben des Senders BFMTV in Polizeigewahrsam. Die Befragung von Angehörigen gehört in solchen Fällen zu den Ermittlungen. Bereits am Samstag war bekanntgeworden, dass Vater und Bruder eines Selbstmordattentäters aus dem Veranstaltungsort in Polizeigewahrsam kamen. Die Wohnungen der beiden Männer wurden durchsucht. Der Bruder des 29-jährigen Attentäters lebt demnach in einem Ort südlich von Paris, der Vater gut 100 Kilometer weiter östlich.
Der bei dem Anschlag gestorbene Franzose war anhand eines Fingerabdrucks identifiziert worden. Er war den Behörden nach Angaben der Staatsanwaltschaft wegen seiner Radikalisierung bekannt und mehrfach vorbestraft, allerdings nie im Zusammenhang mit Terror-Netzwerken.
Zwei weitere Terroristen sind allem Anschein nach als Flüchtlinge über Griechenland in die EU eingereist. In der Nähe eines der toten Männer wurde ein syrischer Pass gefunden. Wie die Regierung in Athen mitteilte, war der Eigentümer des Passes Anfang Oktober auf der Insel Leros ordnungsgemäß registriert worden. Der griechische Rundfunk berichtet, dass ein zweiter Terrorist über die Balkanroute in die EU kam. Er habe einen ägyptischen Pass besessen.
WSJ: Anschlag auf Stade de France geplant
Bei der Terrorwelle in Paris waren am Freitagabend 129 Menschen getötet und 350 verletzt worden. Womöglich wollten die Attentäter sogar ein noch größeres Blutbad anrichten. Nach einem Bericht des "Wall Street Journal" könnte ein Anschlag auf das mit knapp 80.000 Fans besetzte Stadion versucht worden sein, in dem Frankreich gegen Deutschland spielte.
Ein Täter soll ein Ticket für das Spiel gehabt haben. Er sei von einem Ordner beim Sicherheitscheck aufgehalten worden, berichtet die Zeitung unter Berufung auf einen anderen Ordner und einen Polizisten. Bei dem Mann sei etwa eine Viertelstunde nach Spielbeginn am Stadioneingang eine Sprengstoffweste entdeckt worden. Bei der Flucht habe der Mann den Sprengsatz zur Explosion gebracht. Der Polizist vermute, dass der Angreifer den Sprengstoff im Stadion zünden wollte. Ziel sei vermutlich eine Massenpanik gewesen.
"Wir sind im Krieg"
Der französische Präsident François Hollande sprach von einem "Kriegsakt" des IS und kündigte "angemessene Entscheidungen" an. Premierminister Manuel Valls sagte am Samstagabend dem Sender TF1: "Ja, wir sind im Krieg." Frankreich werde handeln, um diesen Feind zu zerstören. "Wir ergreifen daher außergewöhnliche Maßnahmen. Und diesen Krieg werden wir gewinnen", schrieb Valls auf Twitter. Im Internet war eine zunächst nicht verifizierbare Erklärung aufgetaucht, in der sich der IS zu den Anschlägen von Freitagabend bekennt.
Bei den etwa eine halbe Stunde andauernden Anschlägen stimmten sich mehrere Terror-Teams ab. "Wahrscheinlich sind es drei koordinierte Teams von Terroristen, auf die diese Barbareien zurückgehen", sagte der Pariser Staatsanwalt François Molins. Sieben Terroristen seien gestorben, sechs davon hätten sich in die Luft gesprengt. Der siebte wurde erschossen. Zunächst war von acht getöteten Angreifern die Rede gewesen. Sie benutzten Sturmgewehre des Typs Kalaschnikow. Außerdem hätten sie die absolut gleiche Art von Sprengstoffwesten getragen.
Die Anschläge sind die schlimmste Terrorserie in Europa seit mehr als zehn Jahren. Im März 2004 waren bei mehreren Anschlägen auf Züge in Madrid 191 Menschen getötet und annähernd 2000 verletzt worden - auch diese Anschläge gingen auf das Konto islamistischer Terroristen. Die Anschläge von Paris ereigneten sich nur zehn Monate nach dem Attentat auf die Satirezeitung «Charlie Hebdo».
Ein Spur führt nach Belgien. Bei einer Razzia der Polizei im Brüsseler Stadtteil Molenbeek wurden drei Menschen festgenommen.
dpa/jp/km - Bild: Pierre Constant/AFP