Wenn man an die Schweiz denkt, kommen einem hohe Berge, teure Uhren, verschwiegene Banken und löchriger Käse in den Sinn. Seltener Atomkraftwerke. Doch genau damit haben die Eidgenossen jetzt Probleme.
Und zwar welche, die uns in Belgien wohl bekannt vorkommen dürften: An der Stahlwand des Reaktors Beznau 1 – nördlich von Zürich – sind bei neuen Messungen per Ultraschall 925 kleine Risse entdeckt worden. Das hat die Sendung «10vor10» unter Berufung auf einen vorläufigen Untersuchungsbericht publik gemacht. Demnach sind die Materialfehler im Reaktordruckbehälter durchschnittlich 7,5 mal 7,5 Millimeter groß.
Zum Vergleich: Im Stahlmantel von Doel sind viel mehr Risse, dazu fast doppelt so groß. Ähnlich wie Doel 3 und Tihange 2 ist der schweizerische Reaktor heruntergefahren geworden. Der Energieversorger Axpo, der Betreiber von Beznau 1, denkt dennoch, dass die Stituation in der Schweiz mit der in Belgien nicht vergleichbar sei. Von Abschaltung bei Beznau 1 will Sprecher Antonio Sommavilla nichts wissen: "Die ersten Einschätzungen zeigen, dass es keine Vorbehalte gibt für einen sicheren Weiterbetrieb der Anlage."
Das sehen Kritiker aber grundlegend anders. Auch nur ein Riss könne zu einem Problem führen, sagte Sabine von Stockar im Schweizer Rundfunk SRF. "Die Frage lautet: Ist das Herzstück der Anlage von Beznau, der Reaktordruckbehälter, sicher oder nicht? Um sicher zu sein, müsste er intakt sein. Da ist er aber eben nicht", warnt von Stockar.
Bis auf Weiteres stillgelegt
In Belgien sind bis heute Doel 3 und Tihange 2 außer Dienst – die Atomaufsichtsbehörde FANK prüft derzeit das weitere Vorgehen. Die schweizerische Atomaufsichtbehörde ENSI hat den Reaktor Beznau 1 nun ebenfalls bis mindestens Februar 2016 aus dem Verkehr gezogen und berät – vielleicht gemeinsam mit der FANK – über das weitere Vorgehen.
Das Problem mit den Rissen im Stahl dürfte sich aber nicht auf Belgien und die Schweiz beschränken. Schätzungsweise 60 Meiler weltweit könnten von dem Materialfehler betroffen sein, weil sie vor Jahrzehnten von derselben Schmiede beliefert wurden.
ak - Bild: Walter Bieri (epa)
Das erinnert mich irgendwie an die Hörfunk-Reklame mit der Windschutzscheibe und dem Stein.
OK, der Vergleich hinkt, schon klar, aber wenn was passiert heißt es dann "...eine Verkettung unglücklicher Umstände" oder "Zufall". Nur dass die Folgen ungleich verherender sind als bei einer defekten Windschutzscheibe!
Die Verantwortlichen sollten ihrer Aufgabe hier endlich gerecht werden und ...Verantwortung übernehmen, und dies nicht erst nach einer Katastrophe, indem sie "ihren Hut nehmen"!