Bei heftigen Zusammenstößen mit der israelischen Armee sind im Westjordanland zwei Palästinenser getötet worden, darunter ein zwölfjähriger Teenager. Der Junge sei an einer Schussverletzung in der Brust gestorben, teilte ein Krankenhaus am Montag bei Bethlehem mit. Ein weiterer 18-jähriger Palästinenser erlag in der Nacht einer Schussverletzung, die er nahe Tulkarem erlitten hatte. Auch am Montag dauerten die Unruhen an mehreren Brennpunkten an, Palästinenser bewarfen israelische Soldaten mit Steinen und Brandflaschen. Der neue Gewaltausbruch gilt als möglicher Beginn eines neuen Palästinenseraufstands.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kündigte harte Gegenmaßnahmen an, nachdem am Wochenende zwei Juden bei Messerattacken in Jerusalem getötet worden waren. Die Angreifer wurden in beiden Fällen von der Polizei erschossen.
Laut der Ankündigung Netanjahus sollen Häuser von "Terroristen" künftig im Schnellverfahren zerstört und palästinensische Randalierer vermehrt in sogenannte Administrativhaft genommen werden. Dies ermöglicht eine sechsmonatige Haft ohne Anklage, wobei der Zeitraum immer wieder verlängert werden kann. In Jerusalem und im Westjordanland sollen noch mehr Sicherheitskräfte stationiert werden. Palästinensischen "Aufhetzern" soll der Zutritt zum Tempelberg und der Altstadt in Jerusalem verboten werden.
Auslöser der Unruhen ist ein Streit um den Tempelberg in Jerusalem. Die Palästinenser werfen Israel vor, es wolle mehr Kontrolle über die Stätte gewinnen, die Muslimen und Juden heilig ist, und die Nutzungsrechte von Muslimen beschneiden. Israel bestreitet dies. Am Sonntag verbot Israel Palästinensern aus dem Westjordanland für zwei Tage den Zutritt zur Jerusalemer Altstadt und damit auch zum Tempelberg.
Bei den schweren Auseinandersetzungen im Westjordanland und in Ost-Jerusalem wurden nach Angaben der palästinensischen Rettungsorganisation Roter Halbmond vom Montag mehr als 450 Palästinenser verletzt. Viele hätten bei den Unruhen am Vortag Schussverletzungen erlitten, darunter auch drei Sanitäter der Organisation. Nach Angaben der Armee wurden zwei Soldaten verletzt.
Angriff im Gazastreifen geflogen
Als Reaktion auf einen Raketenbeschuss durch militante Palästinenser flog die israelische Luftwaffe in der Nacht zum Montag einen Angriff im Gazastreifen. Beschossen worden sei eine "Terroreinrichtung" der radikalislamischen Hamas im Norden des Küstengebiets, teilte die Armee mit.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon teilte mit, er sei sehr besorgt, dass die Vorfälle Vorzeichen eines "gefährlichen Abgleitens hin zur Eskalation" seien. Er rief alle Beteiligten dazu auf, Gewalt zu verurteilen und Ruhe zu bewahren, um eine weitere Eskalation zu verhindern.
In der Nacht zum Sonntag hatte ein Mann in Jerusalem einen 15-jährigen Israeli niedergestochen und verletzt und war dann von Polizisten erschossen worden. Nur wenige Stunden zuvor hatte ein Palästinenser in der Altstadt zwei Israelis mit einem Messer tödlich verletzt. Der Mann wurde ebenfalls von Polizisten erschossen. Am Donnerstag hatte ein mutmaßlich palästinensischer Täter im Westjordanland ein jüdisches Elternpaar vor den Augen seiner vier Kinder erschossen.
In einer dramatischen Ansprache vor den Vereinten Nationen hatte sich Palästinenserpräsident Mahmud Abbas am Mittwoch von den Friedensverträgen mit Israel losgesagt. Er warf Israel vor, mit seinem fortwährenden Siedlungsausbau eine Zwei-Staaten-Lösung systematisch zu verhindern. Auch nach mehr als 20 Jahren Friedensprozess haben die Palästinenser keinen eigenen Staat.
Seit der Unterzeichnung der Friedensverträge 1993 hat sich die Zahl der israelischen Siedler in den Palästinensergebieten verdoppelt. Heute sind es nach Angaben von Friedensorganisationen über 550.000, vor den Oslo-Verträgen waren es rund 260.000.
dpa/cd - Bild: Thomas Coex (afp)