Nach den verheerenden Überschwemmungen müssen Bewohner und Helfer an der Côte d'Azur aufräumen. Die Zahl der Menschen, die infolge der heftigen Niederschläge vom Wochenende ums Leben kamen, hat sich auf 21 erhöht. Unter den Opfern sind nach Angaben von Adolphe Colrat, Präfekt des betroffenen Départements Alpes-Maritimes, auch eine Italienerin, ein Brite und ein Portugiese. Alle Vermissten sind inzwischen gefunden.
Die französische Eisenbahngesellschaft SNCF konzentrierte sich zunächst darauf, den Pendlerverkehr in Städten wie Nizza und Cannes wieder zum Laufen zu bringen.
Am Montag kämpften Helfer in der Region zunehmend auch gegen Gestank, der sich infolge der Schlamm- und Wassermassen ausbreitete. Betroffen war ein rund 30 Kilometer langer Abschnitt entlang der Côte d'Azur im äußersten Südosten des Landes.
In rund 20 Schulen fiel der Unterricht nach Angaben von Präfektur und Stadtverwaltungen aus.
Eine Schätzung zu den materiellen Folgen der Katastrophe gab es am Montag noch nicht. Angesichts der Schäden an Häusern, Firmengebäuden und Wohnungen sicherte der französische Versicherungsverband Afa eine rasche Bearbeitung zu. Afa-Präsident Bernard Spitz sagte in Nizza, für eine Bilanz sei es noch zu früh. So seien die Schäden in vielen Unternehmen noch nicht bekannt.
Bei einem ähnlichen Unwetter waren im benachbarten Département Var 2010 Schäden in Höhe von fast einer Milliarde Euro bilanziert worden. Schnelle finanzielle Hilfe für Region und Betroffene hatte Präsident François Hollande bereits am Wochenende versprochen.
Mancherorts versuchten Plünderer, die Notlage auszunutzen. Nach Angaben von Innenminister Bernard Cazeneuve vom Montag wurden deswegen neun Menschen festgenommen.
Extreme Wetterlagen keine Seltenheit
In der Region sind extreme Wetterlagen keine Seltenheit. Nach Angaben von Meteorologen waren die Niederschläge jedoch in ihrer Heftigkeit nicht ausreichend früh vorhersehbar. Grund für die Unwetter ist der Zustrom warmer Luft über das Mittelmeer in Richtung Pyrenäen, Küste und Alpen. Gegen diese Front schiebt sich zwischen den beiden Gebirgsketten im Südosten und im Südwesten kühlere Luft aus dem Norden des Landes.
Diese Konstellation birgt die katastrophalen Folgen in sich. Bereits am Samstag baut sich nahe Marseille kurzfristig ein unheilverkündender Tornado auf. In der Nacht zu Sonntag fällt dann in einigen Bereichen der Region innerhalb von Stunden mehr Niederschlag als sonst in zwei Monaten. In Cannes etwa werden 195 Millimeter Regen in 24 Stunden gemessen, allein 107 Millimeter davon in nur zwei Stunden.
Die Wassermassen verursachen bis zu zwei Meter hohe Wellen, denen viele Menschen hilflos ausgesetzt sind. Im kleinen Biot überflutet das Wasser das Gelände eines Alterssitzes. In den kleinen, einzeln stehenden Gebäuden werden die Einwohner überrascht. Drei Menschen kommen ums Leben, andere Bewohner können gerettet werden. Sie werden am Sonntag medizinisch versorgt und von Psychologen betreut.
Anderen wird ihr Auto zum Verhängnis. In Mandelieu-la-Napoule sterben sieben Menschen, die ihre Fahrzeuge aus einer Tiefgarage in Sicherheit bringen wollen, für drei Insassen eines Autos wird ein überfluteter Tunnel in Vallauris Golfe-Juan bei Cannes zur tödlichen Falle.
Die zahlreichen Campingplätze der Urlaubsgegend sind den Wassermassen schutzlos ausgeliefert. In Antibes stirbt ein Mensch auf einem Campingplatz. Feuerwehr und Einsatzkräfte retten andere Urlauber mit Hilfe von Helikoptern aus der Luft. Sie hatten sich auf das Dach ihrer Camper gerettet. Mehrere Hundert Einsatzkräfte kämpfen gegen die schlimmsten Folgen.
In Biot wird ein Wohnwagen 500 Meter von den Wassermassen weggeschleift. Anderenorts findet sich ein Auto auf dem Dach liegend in einem Bachbett wieder. Ein kanalisierter Fluss drückt die Wassermassen durch den Straßenbelag eines Platzes mitten in Vallauris. Zahlreiche Nebenstraßen und Bahnstrecken bleiben vorerst unpassierbar.
Die Croisette in Cannes und die Promenade des Anglais in Nizza verwandeln sich in der Dunkelheit von Prachtstraßen an der Mittelmeerküste in gefährliche Wasserstrecken. Im Fußballstadion von Nizza kommt der Abpfiff des Erstligaspiels gegen Nantes früher als sonst: In der 46. Minute wird das Spiel wegen der heftigen Regenfälle abgebrochen.
Präsident François Hollande und Innenminister Bernard Cazeneuve versprechen den Menschen am Sonntag bei einem Besuch an verschiedenen Orten in der Region nach den Rettungsarbeiten auch finanziell rasche Hilfe.
dpa/cd/fs - Bild: Jean Christophe Magnenet (afp)