Der neue Ukraine-Gipfel in Paris zur Umsetzung der bisherigen Friedensvereinbarungen ist von Russlands militärischem Eingreifen in Syrien belastet worden. Der Westen äußerte am Freitag "tiefe Sorge" über die russischen Luftangriffe. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel traf sich unmittelbar vor Beginn des Gipfels mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin zu einem Zweiergespräch. Ziel des Treffens ist eigentlich, die Umsetzung des Friedensplans von Minsk voranzubringen.
Der Vierergipfel im Elysée-Palast begann wegen verschiedener bilateraler Beratungen erst mit mehr als einstündiger Verspätung. Parallel zu Merkel und Putin berieten Frankreichs Präsident François Hollande und der ukrainische Staatschef Petro Poroschenko miteinander. Zuvor hatten sich Hollande und Putin schon eine Stunde lang miteinander unterhalten. Nach französischen Angaben ging es dabei um die unterschiedlichen Ansätze im Syrien-Konflikt.
Der Gipfel ist die Neuauflage eines Treffens von Mitte Februar. Damals waren in der weißrussischen Hauptstadt Minsk in 27-stündigen Verhandlungen eine Reihe von Vereinbarungen ausgehandelt worden, um den Konflikt im Osten der Ukraine zu beruhigen. Der damals vereinbarte Waffenstillstand zwischen ukrainischen Einheiten und prorussischen Kräften wird nun seit etwa einem Monat eingehalten. Viele andere Punkte sind aber immer noch nicht erfüllt. In der Ukraine gab es seit Anfang 2014 bereits mehr als 8000 Tote.
Die russischen Luftangriffe auf Stellungen in Syrien sorgten für eine zusätzliche Belastung. Die USA, Großbritannien, Deutschland und Frankreich kritisierten in einer gemeinsamen Erklärung die Attacken, die - anders als von Russland behauptet - nicht nur der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gegolten hätten. "Diese Militäraktionen stellen eine weitere Eskalation dar und werden nur noch mehr Extremismus und Radikalisierung schüren." Weitere Unterzeichner waren die Türkei, Saudi-Arabien und Katar.
Die russischen Luftangriffe hatten am Mittwoch begonnen, zwei Tage nach einem Auftritt Putins vor der UN-Vollversammlung in New York. Russland ist - zusammen mit dem Iran - wichtigste Schutzmacht des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad. Vermutet wird, dass der Kreml mit den Angriffen Assad an der Macht halten will, um seinen Einfluss im Nahen Osten zu sichern. Im Westen gibt es mittlerweile eine Diskussion, ob Assad doch noch länger im Amt bleiben könnte.
Nach Angaben des Elysée-Palastes bemühten sich Hollande und Putin in ihrem Zweiergespräch, die Differenzen bei der Frage eines politischen Übergangs in Syrien zu überbrücken. Frankreich gehört zu den entschiedensten Gegnern Assads. Von deutscher Seite gab es zum Verlauf des Treffens zwischen Merkel und Putin zunächst keine Angaben. Die Kanzlerin hatte kürzlich dafür plädiert, Assad in die Gespräche für eine Lösung des Syrien-Konflikts einzubeziehen.
Beim eigentlichen Thema des Gipfels drängten Deutschland und Frankreich auf die Einhaltung der weiteren Minsker Vereinbarungen. Dazu gehören unter anderem der Abzug von Waffen entlang der Frontlinie, der Austausch von Gefangenen und lokale Wahlen. Die Separatisten wollen am 18. Oktober und 1. November in den von ihnen gehaltenen Gebieten getrennte Wahlen abhalten. Berlin und Paris hoffen darauf, dass Putin dies noch verhindert.
Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zeigte sich beunruhigt von der Existenz schwerer Waffen an der Front, die eigentlich bereits verschwunden seien sollten. So sei auf Separatistengebiet bei Luhansk das russische Flammenwerfersystem "Buratino" gesehen worden
dpa/est - Bild: Alain Jocard/AFP