Die EU-Kommission hat Mitgliedstaaten neue Strafverfahren wegen Verstößen gegen gemeinsame Asylregeln angedroht. Nach Angaben einer Sprecherin wies EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker seine Behörde an, entsprechende Briefe zu verschicken. Es gehe unter anderem um die Einhaltung der Richtlinien zu Aufnahmebedingungen und Fingerabdrücken.
Diese legen zum Beispiel fest, dass Asylsuchende Unterkunft und Verpflegung bekommen und erkennungsdienstlich erfasst werden. Letzteres soll es ermöglichen, dass die sogenannte Dublin-Verordnung umgesetzt werden kann. Sie regelt, dass derjenige Mitgliedstaat, in dem ein Asylbewerber erstmals europäischen Boden betritt, für das Asylverfahren verantwortlich ist.
An wen die Briefe geschickt wurden, wollte die Sprecherin nicht sagen. Sie betonte allerdings, dass auch Staaten betroffen seien, gegen die in Bezug auf Asylregeln bislang keine sogenannten Vertragsverletzungsverfahren liefen. Das ist zum Beispiel Österreich. Dort mussten Asylsuchende zuletzt zeitweise unter freiem Himmel schlafen, weil keine Unterkünfte zur Verfügung gestellt wurden.
"Ziel ist es nicht, Staaten vor Gericht zu bringen, sondern wir wollen, dass die Regeln vor Ort eingehalten werden", erklärte die Sprecherin. Die Briefe seien eine Art "letzte Warnung" vor der Eröffnung neuer Vertragsverletzungsverfahren. Nach Angaben aus EU-Kreisen wurde eine zweistellige Zahl von Schreiben verschickt.
Bereits jetzt betroffen von einem Vertragsverletzungsverfahren ist Ungarn, das zuletzt Schlagzeilen machte, weil es eine große Zahl von Asylsuchenden unregistriert in Richtung Westeuropa ausreisen ließ. EU-Kommissionschef Juncker will an diesem Donnerstag in Brüssel mit dem ungarischen Ministerpräsident Viktor Orban über die Flüchtlingskrise beraten. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Staatspräsident François Hollande hatten in der vergangenen Woche gefordert, "die vollständige Umsetzung" des europäischen Asylrechts zu gewährleisten.
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