Im deutschen Bundesland Bayern sind in der Nacht hunderte Flüchtlinge mit Zügen aus Ungarn und Österreich angekommen. Der Polizei zufolge trafen bis zu 800 Menschen in München und Rosenheim ein. Die Polizei rechnet damit, dass am Mittwoch erneut hunderte Flüchtlinge nach Deutschland kommen. In Salzburg in Österreich warteten rund 1.600 Menschen auf eine Weiterfahrt. Bayerns Innenminister sagte, die Flüchtlinge würden nicht wieder zurückgeschickt.
Die ungarische Polizei hatte am Montag aufgehört, Flüchtlinge daran zu hindern, von Budapest aus in Zügen Richtung Westeuropa weiterzureisen. Österreichs Bundeskanzler Faymann kritisierte Ungarn scharf für dieses Vorgehen. Dass man die Menschen in Budapest einfach einsteigen und zu den Nachbarn fahren lasse, sei keine Politik, sagte er. Ungarns Regierungschef Orban müsse dafür sorgen, dass in seinem Land Gesetze eingehalten würden und es Kontrollen gebe.
Ein Großteil der Flüchtlinge kommt aus den Kriegsgebieten Syriens, Nordiraks und aus Diktaturen wie Eritrea. Rund 40 Prozent stammen aber auch vom Balkan und haben wenig Chancen auf ein Bleiberecht. Speziell für sie eröffnet Bayern an diesem Dienstag das bundesweit erste Aufnahmezentrum für Balkan-Flüchtlinge.
In einer ehemaligen Kaserne am Rande von Manching bei Ingolstadt sollen künftig 500 Flüchtlinge aus Südosteuropa untergebracht werden. Durch enge Zusammenarbeit der Behörden sollen die Verfahren deutlich schneller als bisher abgewickelt werden. Ziel ist es, abgelehnte Asylbewerber so schnell wie möglich wieder in ihre Heimat zurückzuschicken. Der Beschluss des Münchner CSU-Kabinetts vom Juli hatte bundesweit Kritik hervorgerufen.
Nach der offiziellen Prognose der deutschen Bundesregierung werden in diesem Jahr in Deutschland 800.000 Asylbewerber erwartet. Auch die Regierung will Flüchtlinge ohne Anerkennungschance von vornherein von Deutschland fernhalten oder sie schnell abschieben, um Kapazitäten für eine schnelle Integration der Bleibeberechtigten zu schaffen.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) geißelte am Montag aber auch all jene, die Stimmung gegen Flüchtlinge machen. "Zu oft sind Vorurteile, zu oft ist Kälte, ja sogar Hass in deren Herzen. Halten Sie Abstand", riet sie ihren Mitbürgern. Zurückhaltend äußerte sie sich zur Forderung der SPD nach einem Einwanderungsgesetz.
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer kritisierte diese Haltung. "Es ist meine Befürchtung, dass sich CDU und CSU nicht schnell über das Einwanderungsgesetz einigen können. Aber natürlich ist das ein vordringliches Thema", sagte die Sozialdemokratin der Deutschen Presse-Agentur. Wenn Flüchtlinge ohne Perspektive schneller in ihre Heimat zurückkehrten und die Asylverfahren schneller bearbeitet würden, müsse es auch eine legale Möglichkeit für sie geben, als Arbeitsmigranten nach Deutschland zu kommen.
Auch FDP-Chef Christian Lindner nannte Merkels Haltung enttäuschend. "Humanität für Flüchtlinge ist etwas anderes als Human Ressources für Unternehmen. Mit einem Einwanderungsgesetz könnte es gelingen, die Zuwanderung nach Deutschland effektiver zu steuern und an den Bedarf des Arbeitsmarktes anzupassen", erklärte er.
dpa/jp - Bild: Vladimir Simicek (afp)