Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat in der zentralsyrischen Stadt Palmyra den rund 2000 Jahre alten Tempel Baal Schamin zerstört. Syriens oberster Archäologe Mamun Abdulkarim bestätigte der Deutschen Presse-Agentur am Montag, dass die Extremisten das historisch bedeutende Bauwerk gesprengt hätten. Eine der wichtigsten Stätten des Unesco-Weltkulturerbes in Palmyra ist damit möglicherweise unwiederbringlich ausgelöscht worden.
Die Nachricht kommt nur wenige Tage, nachdem die Extremisten den früheren Chef-Archäologen von Palmyra, Khaled Asaad, enthauptet hatten. Er war nach Angaben von Aktivisten am vergangenen Dienstag auf einem Platz der Stadt öffentlich getötet worden. Asaad hatte 40 Jahre lang die archäologischen Stätten in Palmyra geleitet, sich aber trotz des IS-Vormarsches geweigert, die Stadt zu verlassen.
Die einstige Handelsmetropole in der syrischen Wüste gilt als einer der bedeutendsten Komplexe antiker Bauten im Nahen Osten. Der IS hatte Palmyra Ende Mai von Truppen des Regimes eingenommen. Seitdem herrscht weltweit Sorge, dass die Extremisten die historischen Stätten als "Zeugnisse der Vielgötterei" zerstören könnten - so wie sie es bereits im Nordirak mehrfach getan haben.
In Palmyra hatten sie bisher eine rund 2000 Jahre alte Löwen-Statue zertrümmert sowie islamische Heiligengräber gesprengt. Zudem zerstörten sie wertvolle Statuen, die Schmugglern abgenommen worden sein sollen. Die historischen Stätten in Palmyra sollen vermint sein.
Unklar ist, wann der Baal-Schamin-Tempel genau zerstört wurde. Abdulkarim sagte unter Berufung auf Aktivisten, das Bauwerk sei am Sonntag gesprengt worden. Die in England ansässige oppositionelle Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte erklärte hingegen, der Tempel sei bereits vor einem Monat zerstört worden. Die gewöhnlich gut informierten Menschenrechtler stützen sich bei ihren Angaben auf ein Netz von Informanten im Land.
Der bisher gut erhaltene Baal-Schamin-Tempel gilt als eines der wichtigsten Bauwerke Palmyras. Seine Zerstörung sei ein "Alptraum", sagt Markus Hilgert, Direktor des Vorderasiatischen Museums in Berlin. In dem rund 2000 Jahre alten Tempel verschmelzten verschiedene religiöse Traditionen. Er stehe für "einen unglaublichen kulturellen Reichtum und die Fähigkeit mit unterschiedlichen religiösen Systemen umzugehen", erklärte Hilgert. "Das ist das Gegenteil von dem, was jetzt passiert."
Tempel-Zerstörung durch IS: Unesco kritisiert Kriegsverbrechen
Die Unesco hat die Zerstörung eines 2000 Jahre alten Tempels im syrischen Palmyra durch die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) als Kriegsverbrechen angeprangert. "Solche Taten sind Kriegsverbrechen, und die Täter müssen für ihre Aktionen zur Rechenschaft gezogen werden", sagte die Chefin der Kulturorganisation der Vereinten Nationen, Irina Bokowa, am Montag.
Dies sei ein immenser Verlust für Syrien und die Menschheit, sagte Bokowa laut Mitteilung der Unesco. Die systematische Zerstörung solcher Symbole der Vielseitigkeit der syrischen Kultur enthülle das wahre Ansinnen der Angriffe, "nämlich das syrische Volk seines Wissens, seiner Identität und seiner Geschichte zu berauben". Sie rief die Weltgemeinschaft auf, sich den Extremisten entgegenzustellen.
dpa/cd/okr - Bild: Joeph Eid (afp)