Im ostukrainischen Kriegsgebiet ist es vor einem für diesen Montag in Berlin unter Führung von Kanzlerin Angela Merkel geplanten Spitzentreffen zu neuem Blutvergießen gekommen. Das ukrainische Militär berichtete am Sonntag von einem getöteten sowie mehreren verletzten Soldaten durch den Beschuss von prorussischen Separatisten. Die Konfliktparteien warfen sich gegenseitig Verstöße gegen die Waffenruhe vor. Papst Franziskus appellierte an die Seiten, sich an die Friedensvereinbarungen von Mitte Februar in der weißrussischen Hauptstadt Minsk zu halten.
Angesichts der Gewaltexzesse empfängt Merkel den ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko sowie den französischen Präsidenten François Hollande. Kremlchef Wladimir Putin ist nicht dabei. Bei dem Treffen geht es um die Wiederbelebung des Minsker Friedensplanes. Russland hatte den Westen aufgefordert, den Druck auf die Ukraine zu erhöhen, damit das Land einen Dialog mit den Separatisten für einen Ausweg aus der Krise beginnt.
Das neue Berliner Krisentreffen fällt mit dem Tag der Unabhängigkeit der Ukraine zusammen. Die Ex-Sowjetrepublik kämpft nach dem Verlust der von Russland einverleibten Schwarzmeerhalbinsel Krim und angesichts des blutigen Konfliktes im Donbass um die Einheit ihres Landes. Zum Tag der Staatsflagge am Sonntag forderte Regierungschef Arseni Jazenjuk, dass jeder Ukrainer künftig einen Eid auf die Treue zu seinem Land ablegen solle.
Staatschef Poroschenko stattete das Militär am Wochenende mit neuen schweren Waffen für den Kampf gegen die von Russland unterstützten Separatisten aus. Er übergab auf dem Truppenübungsplatz Tschuhujiw im Gebiet Charkiw unter anderem Panzer, Panzerabwehrwaffen und Luftabwehrraketen. Vor dem Gespräch mit Merkel machte Poroschenko wenig Hoffnung auf eine rasche Lösung des Konflikts. "Die militärische Bedrohung aus dem Osten ist die Perspektive für das kommende Jahrzehnt", warnte er.
Die Ukraine sieht Russland als "Aggressor". Moskau dagegen weist Kiews Vorwürfe zurück, die Aufständischen auch mit Waffen und Kämpfern auszurüsten. Es sei vorrangig für die Ukraine, das Militär zu modernisieren und mit neuen Waffen auszustatten, betonte Poroschenko. Die Ukraine hofft auf weitere Waffenlieferungen des Westens.
Nach Angaben aus Kiew haben einige Staaten bereits Waffen geliefert. Allerdings nennt die Führung die Länder nicht namentlich. Zudem sind in der Ukraine Hunderte westliche Militärausbilder im Einsatz, um die Soldaten auf den Kampf gegen die Separatisten vorzubereiten. Seit Ausbruch des Konflikts im Osten der Ukraine im April vorigen Jahres sind nach UN-Schätzungen mehr als 6000 Menschen getötet worden.
dpa/okr - Bild: Sergey Bobok/AFP