Die Zahl der über das Mittelmeer in Griechenland eingetroffenen Flüchtlinge hat im Juli eine neue Rekordhöhe erreicht. Wie die EU-Grenzschutzagentur Frontex am Freitag in Warschau mitteilte, kamen mindestens 49.550 Migranten in Griechenland an. Damit seien in einem Monat so viele Menschen über Griechenland in die EU gekommen wie im gesamten vergangenen Jahr, hieß es in einer in Warschau veröffentlichten Mitteilung.
Die griechische Küstenwache bezifferte die im Juli in der Ägäis aufgegriffenen Flüchtlinge sogar auf 54.899. Durch die Ägäis führen Routen, über die Schleuser Migranten nach Europa bringen. Der Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) für Griechenland, Giorgos Tsarbopoulos, sprach von einer dramatischen Lage. Die Behörden und die Hilfsorganisationen seien überfordert, sagte er im griechischen Rundfunk.
Es herrsche "totales Chaos" auf den Inseln Lesbos, Kos und Chios. Die Versorgung der Migranten mit Wasser und Lebensmitteln sei unzureichend, es gebe kaum sanitäre Einrichtungen. Zudem schliefen viele unter freiem Himmel. Die griechischen Behörden müssten Verantwortung übernehmen und etwas dagegen tun. Das UN-Flüchtlingshilfswerk forderte zudem von den anderen EU-Staaten mehr Hilfe für Athen.
Insgesamt wurden laut Frontex bis Ende Juli fast 130.500 Migranten an den Außengrenzen Griechenlands entdeckt - fünfmal so viele wie im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Der überwiegende Teil der Flüchtlinge kam nach Frontex-Angaben aus Syrien und Afghanistan, auch der Anteil pakistanischer Migranten sei deutlich gestiegen.
Frontex appellierte an die EU-Staaten, die Grenzschutzmission mit mehr Schiffen und Personal zu unterstützen. Die hohe Zahl von Flüchtlingen unterstreiche, wie notwendig die Frontex-Unterstützung für Griechenland im Rahmen der Poseidon-Mission sei, sagte der stellvertretende Frontex-Direktor Gil Arias Fernandez und fügte hinzu: "Vor zwei Monaten haben wir um neue Leistungen zur Stärkung der Poseidon-Mission und unseres Einsatzes in Ungarn gebeten. Unglücklicherweise haben wir bisher keine ausreichende Zahl von Ausrüstung und Grenzschützern erhalten."
Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras sagte im griechischen Staatsfernsehen (ERT), die Flüchtlinge seien kein alleiniges Problem Griechenlands. Am Umgang mit diesem Problem werde sich zeigen, ob es ein Europa der Solidarität gebe oder jeder sich nur um seine Grenzen kümmere. "Griechenland erlebt eine Krise in der Krise", sagte er. "Wir tun alles, was wir können, um diese Menschen menschlich zu behandeln." Die EU müsse sofort handeln.
dpa/dlf/dop/km - Bild: Angelos Tzortzinis/AFP