Die radikal-islamischen Taliban haben den Tod ihres Führers Mullah Omar eingestanden und dessen Stellvertreter Achtar Mohammad Mansur zum neuen Anführer erklärt. Das bestätigte ein Taliban-Funktionär aus der südafghanischen Stadt Kandahar der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag. Mansur hatte als Stellvertreter Omars gegolten, dem viele Islamisten persönlich die Gefolgschaft geschworen hatten. Beide waren seit dem Kampf gegen die sowjetischen Besatzer des Landes in den 1980er Jahren verbündet.
Die geplanten Gespräche der Taliban mit der afghanischen Regierung in Pakistan wurden am Donnerstag auf Wunsch der Taliban verschoben. Die afghanische Regierung erklärte, sie erwarte, dass mit Omars Tod die Voraussetzungen für die Friedensgespräche nun günstiger seien. US-Analysten der Soufan Group sehen das jedoch anders. Die Todesnachricht könne auch gerade jetzt lanciert worden sein, um die Friedensgespräche zu torpedieren, meinen sie.
Das Bekanntwerden des Todes Omars könne die Taliban in eine Führungskrise stürzen, hieß es. Der neue Anführer werde es schwer haben, sich in der gespaltenen Bewegung durchzusetzen, die sich der Konkurrenz des Islamischen Staates (IS) erwehren müsse. Mansur, der während des Taliban-Regimes der 90er Jahre zeitweise Chef der afghanischen Luftstreitkräfte war, floh nach dem Einmarsch internationaler Truppen nach Pakistan. Gegner werfen ihm vor, auch heute, nach der Rückkehr in sein Heimatland, noch eng mit pakistanischen Militärkreisen verbunden zu sein.
Am Mittwoch hatte die afghanische Regierung erklärt, Omar sei bereits im April 2013 in Pakistan gestorben. Taliban-Sprecher Sabihullah Mudschahid bestätigte am Donnerstag, dass Omar nach Angaben seiner Familie an einer Krankheit gestorben sei. Angaben zum Todeszeitpunkt machte er aber nicht. Frühere Todesmeldungen hatten die Taliban wiederholt bestritten.
Mitte Juni hatten die Taliban in einem von Mansur unterschriebenen Brief den selbsternannten Kalifen der Terrormiliz IS, Abu Bakr al-Bagdadi davor gewarnt, sich in ihren "Heiligen Krieg" in Afghanistan einzumischen. "Der Dschihad gegen die Invasionsarmee der Amerikaner und ihrer Diener in Afghanistan muss unter einer Flagge und einer Führung geführt werden", hieß es darin.
Der Brief sollte nach Meinung von Analysten das Überlaufen weiterer Aufständischer zum IS sowie Kämpfe um Territorien und Geld unterbinden. Der IS hat sein Kalifat in großen Teilen Syriens und des Iraks ausgerufen und versucht, in anderen muslimischen Ländern "Provinzen" zu erobern.
Unterdessen griffen die US-Streitkräfte die Taliban in der ostafghanischen Provinz Nangarhar erneut mit Drohnen an. Nach Angaben des Provinzgouverneurs vom Donnerstag wurden dabei mindestens 20 Extremisten getötet. Der Nato-Kampfeinsatz in Afghanistan lief Ende vergangenen Jahres offiziell aus. Zumindest die USA fliegen aber weiterhin Angriffe mit unbemannten Flugzeugen auf die Taliban und andere Rebellengruppen.
dpa/rkr