Vier Italiener sind nahe eines Industriekomplexes des Öl- und Gaskonzerns Eni im Nordwesten Libyens entführt worden. Sie hatten als Techniker für die italienische Baufirma Bonatti in dem Land gearbeitet, teilte das italienische Außenministerium in Rom am Montag mit. Das Ministerium richtete einen Krisenstab ein, der in ständigem Kontakt mit den Familien der Opfer und der Firma steht. Bonatti bestätigte in einem Statement die Entführung seiner Mitarbeiter.
Die Gruppe war am Sonntagabend in der Nähe des Komplexes Mellitah entführt worden. Die Anlage befindet sich an der Mittelmeerküste im Nordwesten des nordafrikanischen Landes, etwa 100 Kilometer westlich von Tripolis. Nach Angaben von Italiens Außenminister Paolo Gentiloni wurden ihre Familien in der Nacht über die Entführung informiert. Die Staatsanwaltschaft in Rom leitete Ermittlungen wegen des Verdachts auf Entführung von Personen zu terroristischen Zwecken ein.
Die libysche Nachrichtenagentur Al-Tadhamun berichtete unter Berufung auf einen Mitarbeiter des Öl- und Gaskomplexes, die Italiener seien entführt worden, als sie aus Tunesien nach Mellitah zurückkehren wollten. Das Schicksal der Opfer sei unbekannt. Gentiloni erklärte, Italien versuche schnellstmöglich weitere Erkenntnisse zu bekommen. "Es ist immer schwierig, schon nach wenigen Stunden etwas über die Verantwortlichen zu sagen", erklärte er laut Nachrichtenagentur Ansa. Allerdings habe es in der Zone schon öfter ähnliche Vorfälle gegeben.
Italien hatte seine Botschaft in Libyen bereits am 15. Februar dieses Jahres geschlossen und seine Staatsbürger wegen der schwierigen Situation in dem Land aufgerufen, Libyen zu verlassen. Erst im vergangenen November waren zwei Italiener befreit worden, die einige Monate zuvor gekidnappt worden waren.
In Libyen gibt es vier Jahre nach dem Sturz von Diktator Muammar al-Gaddafi zwei rivalisierende Regierungen: Eine eher weltliche, international anerkannte sitzt in Tobruk. In der Hauptstadt Tripolis herrscht eine islamistische Gegenregierung, die weite Teile Westlibyens kontrolliert. Das Machtvakuum in dem zerrütteten Land haben Dschihadisten ausgenutzt: Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) und das Extremistennetzwerk Al-Kaida sind in Libyen aktiv.
dpa/cd